DR. ANDREAS BRUGGER, RECHTSANWALT
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Themen Gemeindegut

Inhalt
Der Fall Neustift
Unrecht entdeckt........
Anfänge der Besiedlung
Kampf um Wald + Weide
1847: Wald an Gemeinden
Nutzungsrechte
  -  im provGG 1849
  -  in GO 1866
  -  1866 bis heute
Flurverfassung seit 1883
Grundbuchsanlegung
Agrarbehörde
Gemeinden zu Regulierung
VfGH 1982
Reaktion auf VfSlg 9336
Resümee
Novellierungsmöglichkeiten

Forstregal:

In einem von der allgemeinen Hofkammer erstatteten Bericht vom 25. Oktober 1846 wird behauptet, schon Meinrad II. habe im Jahre 1275 das allgemeine landesfürstliche Waldeigentum im ältesten tirolischen Bergrecht mit folgenden Worten ausgesprochen:

"Es ist zu wissen, dass alle Wälder und Bäche in der Grafschaft Tirol der Herrschaft sind".

Dr. Stefan Falser (Wald und Weide im tirolischen Grundbuch, Innsbruck 1932, Seite 17) hält dies jedoch (unter Berufung auf Wopfner, Almendregal Seite 36) für einen Irrtum und meint, dieses Zitat sei wahrscheinlich den unter Rudolf IV. von Österreich entstandenen Statuten der Holzmeister entnommen worden, welche den landesfürstlichen Gesetzen nicht gleichgehalten werden könnten, aber doch eine damals offenbar (zumindest von der Behörde) vertretene Rechtsansicht zum Ausdruck bringen würden.

Die von Kaiser Max erlassene, wie es scheint, von Kaiser Ferdinand am 1. Mai 1553 neu kundgemachte Bergordnung sagt, alle Hoch- und Schwarzwälder stünden dem Landesfürsten als dessen Kammergut zu.

Ausgenommen waren nur die eingezäunten Wälder der Untertanen, dann die den Schlössern und Klöstern nötigen Wälder, solange sie der Landesfürst nicht selbst benötigt,

Jenen Untertanen, die keine eigenen eingezäunten Wälder haben, sollte Holz zu ihren Gütern- und Hausbedürfnissen ausgezeigt werden. Diese Verleihung sollte jedoch wieder wieder aufhören und der Wald wieder frei werden, sobald das Holz zur Hausnotdurft nicht mehr nötig wäre

§§ 1, 101-103 und 107, zitiert nach Dr. Stefan Falser, Gutachten über die Frage der Teilwälder in Südtirol, 1929, Seite 4, erliegend im Tiroler Landesarchiv, Zl. IV, 340?, welcher seinerseits aus einem Berichte der Gefällsverwaltung an die allgemeine Hofkammer vom 15. Jänner 1839, Zl. 15002/38 zitierte.

Die Leopoldinische Waldordnung vom 12. Mai 1685, gültig im Ober- und Interinntal und Wipptal sagte in ihrem ersten Artikel:

"Es sind alle Wälder, Hölzer, Wasser und Bäche, keine ausgeschlossen im Ober- und Unterinntal und Wipptal samt den Zutälern, auch allen anderen Orten, daher man sich des Brenn- und Bauholzes und der Kohle zu unserer Hofhaltung und Pfannhauseamte, auch den Bergwerken und Schmelzwerken bedienen und dasselbe bringen mag, als regierenden Herrn und Landesfürsten von landesfürstlicher Obrigkeit und Macht, Unser eigen."

zitiert in Dr. Stefan Falser, Wald und Weide im tirolischen Grundbuch, Innsbruck 1932, Seite 14.

Mit k.k. Hofresolution vom 2. Mai 1785 ist verordnet worden, dass für den Holzbezug aus allen Wäldern des Ober- und Unterinntals sowie des Wipptales einschließlich aller Seitentäler künftig ein Entgelt, ein sogenanntes Stockgeld geleistet werden müsse. Dies wurde einerseits damit begründet, ein solches sei zur Unterhaltung des Waldaufsichts-Personals nötig. Andererseits wurde aber auf eine von Erzherzog Leopold Anno 1626 errichtete und Anno 1719 in Druck gelegte Waldordnung verwiesen, in der "alle Wälder, Hölzer, Wässer, und Bäch, keine ausgenommen, im Ober- und Unterinn- und Wippthale sammt denen Zuthälern dem Landesfürsten als eigen vorbehalten" worden seien. So folge sich von selbst, dass an der "Zuständigkeit" [Berechtigung] eines zu beziehenden Stockgeldes "als Eigentumsherr" kein Zweifel entstehen könnte. Das Recht, ein derartiges Entgelt zu verlangen, könnte "jeder Privatherrschaft von ihrem Holzeigentum nicht abgesprochen" werden. Umso mehr stünde ein solches Recht daher dem Landesfürsten zu, zumal dieses "zur Wiederemporbringung der wirklich verfallenen Waldungen" bestimmt sei, "woraus das Publikum selbst den wesentlichen Vorteil zu hoffen habe".

In dieser Resolution wurde auch klargestellt, dass den Gemeinden einige landesfürstliche Waldungen "nur zur eigenen Hauung und Pflege, keineswegs aber als ein Wahres Eigentum zugestanden" worden seien. Deshalb werden darin die Gemeinden auch dazu aufgefordert, allenfalls geschehene Aufteilungen "wieder einzuziehen".

Offenbar gab es gegen diese Verordnung Widerstände weshalb mit Hofkanzleidekret vom 25. April 1786 beschlossen wurde, auf der oben angeführten Verordnung vom 2. Mai 1785 zu beharren.

Der letzte Okkupationsakt, mit dem sich die Staatsverwaltung im Allgemeineigentum stehende (oder vielleicht ja auch "freistehende") Gründe aneignete, stammt vom 24. November 1838. An diesem Tag hat seine Majestät, Kaiser Ferdinand I. "zu verordnen geruht, dass in der Provinz Tirol das Eigentum der öden über und unterhalb der Vegetationsgrenze liegenden Gebirgsmassen und Lager von verwendungsfähigen erdigen Fossilien in der Regel und solange als Aerarial-Eigentum anzusehen sei, bis deren Übergang in das Eigentum eines Privaten oder einer Gemeinde durch gesetzlichen Titel und Erwerbsart, und zwar mit Ausschluss der letzteren mittels Occupation [Ersitzung] auf gerichtsordnungsmäßige Weise erwiesen" wird. Da sich die Gletscher seit 1838 großteils zurück gebildet haben, sind aus diesen öden Gebirgsmassen da und dort Almweiden geworden, weshalb auch dieser Akt mitunter einen Konflikt zwischen dem Aerar [heute: der Österreichischen Bundesforste AG] und den Bauern, nämlich den Eigentümern der darunter liegenden Almen zur Folge hatte (siehe z.B. OGH 2.2.1994, 7 Ob1650/93). 

Gegen die Beanspruchung der Allmende insbesondere der Wälder durch das Forst-, Jagd- und Allmendregal gab es von Seiten der Bevölkerung teils heftigen Widerstand. Walter Schiff (Österreichs Agrarpolitik seit der Grundentlastung I. Band, Thübingen 1898) schreibt auf Seite 49, die Bauern hätten behauptet, sie seien widerrechtlich vom Adel ihres Gemeindebesitzes beraubt worden. Der Kampf um Wald und Weide, um Jagd und Fischfang sei sogar eine der wesentlichsten Ursachen der blutig unterdrückten Bauernkriege des 16. Jahrhunderts gewesen (derselbe Seite 43). 

Soweit allerdings die Allmende für öffentliche Zwecke (vor allem für den Bergbau) verwendet wurde, erscheint es aus heutiger Sicht durchaus gerechtfertigt, wenn die der Allgemeinheit gehörige Allmende auch für überregionale öffentliche Zwecke beansprucht wurde. Schließlich war es eine notwendige und unvermeidliche Konsequenz der Bevölkerungszunahme, dass die innere Organisation der Allgemeinheit nicht mehr nur bei den Dorfgemeinschaften stehen bleiben konnte. Bestimmte Aufgaben ließen sich eben nur überregional (also auf Landes- oder Reichsebene) besorgen. Vermutlich könnte die heute in Österreich lebende Bevölkerung gar nicht überleben, wenn Österreichs Wirtschaft und Verwaltung immer noch auf dem primitiven Niveau dörflicher Selbstversorgung stehen geblieben wäre. Wir verdanken es der Mechanisierung und Düngerwirtschaft und dem Handel, dass heute so viele Menschen vom Ertrag eines so kleinen Landes ernährt werden können. Eine überregionale Verwaltung, Wirtschaft, Landesverteidigung etc. wäre aber nicht möglich gewesen, wenn dafür kein Vermögen zur Verfügung gestanden wäre.

Außerdem gereichte das Forstregal den davon betroffenen Wäldern auch durchaus zum Nutzen (siehe Schiff aaO, Seite 43), wovon natürlich auch diejenigen profitierten, die ihr Holz daraus beziehen mussten.

Schließlich ist auch zu bedenken, dass der Allgemeinheit praktisch nur jene Waldungen bis heute erhalten geblieben sind, die sich der Landesfürst auch 1847 noch als Kammergut vorbehalten hat, also die heutigen Bundesforste-Wälder.

Aus heutiger Sicht ist daher das Forstregal durchaus positiv zu beurteilen.