Schiff schreibt dazu in "Österreichs Agrarpolitik seit der Grundentlastung" I. Band Tübingen 1898, Seite 182 ff:
"Ursprünglich waren alle Gemeindeinsassen auch voll- und gleichberechtigte Genossen. Es gab eben nur Bauern; bei dem Überfluss an Rodland konnte jeder neue Ansiedler in den Besitz einer Hufe [also eines Stücks Land, eines Bauernhofes] gelangen.
Dieses Verhältnis änderte sich aber, als auch in den Dorfgemeinden eine immer zahlreicher werdende Klasse von Personen entstand, die sozial nicht als gleichwertig mit den Bauern angesehen wurden: so die bloßen Häusler, Söldner, Inlieger, Mietlinge usw., welche keine selbständige Landwirtschaft betrieben; die Handwerker, ländliche Arbeiter ... sie ... besaßen ... auch an der Beratung der Gemeindeangelegenheiten keinen Anteil. Diese 'Ungenossen' der Dorfgemeinde hatten verschiedene Namen, wie 'Armen', 'Beisassen', 'Beisitzer', 'Hintersassen'.
Anfangs blieb der Gegensatz zwischen Genossen und Ungenossen latent. Die Kosten für das Gemeinderegiment wurden zur Gänze von den 'Gemeindegenossen' getragen. Diese bildeten in Wahrheit die Gemeinde und sorgten auch für die geringe Zahl von Ungenossen. ...
So entwickelten sich neben oder eigentlich ineinander die Realgemeinde - eine Wirtschaftsgenossenschaft, der auch gewisse öffentlichrechtliche Funktionen übertragen waren - und die Personalgemeinde, das heißt, die ... Gesamtheit der Bewohner eines Ortes ..
Im Laufe der Zeit wuchs die Bewohnerschaft der einzelnen Ortschaften an; damit stieg die Zahl der Beisassen gegenüber der Zahl von Genossen...
Ein erbitterter Kampf um den gemeinen Nutzen entspann sich nunmehr zwischen beiden Parteien. Die Altbürger suchten sich von den neuen Elementen abzusondern, sich als abgeschlossene Realgemeinde im Gegensatze zu der weiteren Personalgemeinde zu erhalten und zu konstituieren; sie nahmen das Gemeindeland als ihr ausschließliches Privateigentum in Anspruch, an dem die 'Armen' keine Nutzungen besaßen. Dagegen behaupteten die Beisassen den öffentlichrechtlichen Charakter der Allmende, forderten Anteilnahme an der Gemeindeverwaltung und an der gemeinen Nutzung, weil sie ja auch zu den Gemeindelasten beitragen mussten. Immer schärfer pflegten sich die Bauern, wo sie dazu die Macht besaßen, gegen die späteren Ansiedler sowie gegen die nicht behausten Einwohner abzuschließen; die Teilnahme am Gemeindenutzen wurde häufig aus einem persönlichen zu einem dinglichen, an den Besitz bestimmter Höfe gebundenen Rechte, während sie anderwärts wieder ausschließlich auf die Mitglieder einiger weniger Familien beschränkt wurde und nur durch die Zugehörigkeit zu einer von diesen erworben werden konnte.
Dieser Kampf kam in früheren Zeiten nur vereinzelt vor, seit etwa 100 Jahren aber ruht er nie mehr vollständig; er wird bald still bald laut geführt, er macht Pausen, bis wieder unter den Kleinhäuslern ein Führer (Gemeindestörer sagen die Bauern) ersteht, er wird durch Waffenstillstände und Vergleiche unterbrochen, der Sieg neigt sich bald da-, bald dorthin, das Recht aber wird dadurch nur immer mehr verdunkelt.
Das Resultat dieses Kampfes, der immer noch fortdauert, sind die zahlreichen Formen agrarischer Gemeinschaften.
Wo es den Häuslern usw. gelang, das Gemeinderegiment vollständig in die Hand zu bekommen, setzten sie meist auch ihre Ansprüche auf die Gemeindeweide, den Gemeindewald durch und partizipierten an deren Nutzungen ebenso, wie die Bauern. Oder es wurde sogar das Gemeindegut in ein Kameralvermögen [also ein Vermögen, das nur der Gemeinde gehörte] verwandelt, an die Stelle der Naturalnutzung durch die Gemeindemitglieder trat die Verpachtung oder sonstige Verwertung des Erträgnisses zugunsten der Gemeindekasse.
Anderwärts wieder blieben zwar die Ungenossen vom Genuss des Gemeindeguts nicht vollständig ausgeschlossen, aber sie vermochten es doch nicht, die volle Gleichberechtigung mit den 'Altansässigen', den 'Rustikalisten', 'Bestifteten', 'Nachbarn' oder wie sie sonst heißen, zu erringen. Bald erlangten sie nur die sogenannten kleinen, nicht aber die großen Nutzungen (z.B. Weide im Wald und Klaubholz, nicht auch Stammholz; Schafweide, nicht auch Rindvieh- und Pferdeweide usw.); bald war ihr Nutzungsrecht quantitativ geringer, als das der Bauern - etwa so, dass jeder Bauer ein Los, und je drei oder vier Häusler zusammen auch ein Los erhielten; bald war die Nutzung für jene unentgeltlich, während diese dafür eine jährliche Gebühr oder ein einmaliges Einkaufsgeld zu entrichten hatten; oder es mussten zwar auch die Altangesessenen ein Entgelt leisten, aber ein geringeres als die Häusler u. dgl.
Es kommt auch vor, dass die Letzteren, wenn sie einmal Anteil an den Gemeindenutzungen erkämpft hatten, sich ebenso engherzig gegen spätere Ansiedler abschlossen, wie dies die Altangesessenen früher ihnen gegenüber getan hatten, sodass in derselben Gemeinde eine ganze Stufenleiter von Berechtigungen am Gemeindegut entstand.
In all diesen Fällen blieb aber das Grundeigentum bei der Gemeinde"