DR. ANDREAS BRUGGER, RECHTSANWALT
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Themen Gemeindegut

Inhalt
Der Fall Neustift
Unrecht entdeckt........
Anfänge der Besiedlung
Kampf um Wald + Weide
1847: Wald an Gemeinden
Nutzungsrechte
  -  im provGG 1849
  -  in GO 1866
  -  1866 bis heute
Flurverfassung seit 1883
Grundbuchsanlegung
Agrarbehörde
Gemeinden zu Regulierung
VfGH 1982
Reaktion auf VfSlg 9336
Resümee
Novellierungsmöglichkeiten

VfSlg 9336:

Inhalt

Sachverhalt betreffend das Gemeindegut Feldkirch
Zulässigkeit der Beschwerden der Stadtgemeinde Feldkirch
Zur Notwendigkeit, die geprüften Bestimmungen anzuwenden
vorläufige Bedenken des Gerichtshofes gegen die Verfassungsmäßigkeit der geprüften Bestimmungen
Äußerung der Bundesregierung
Äußerung der Vorarlberger Landesregierung
Äußerung der Oberösterreichischen Landesregierung
Äußerung der Salzburger Landesregierung
Äußerung der Tiroler Landesregierung
Äußerung des bei der Landesregierung Steiermarks eingerichteten Landesagrarsenates
Begründung der Präjudizialität
Punkt 1 der Begründung der Gesetzesaufhebung (Gemeindegut wurde zum wahren Eigentum der neuen politschen Gemeinde)
Punkt 2 der Begründung der Gesetzesaufhebung (grundsätzliche Zulässigkeit der Teilung des Gemeindegutes)
Punkt 3 der Begründung der Gesetzesaufhebung (ungerechtfertigte Bevorzugung der Nutzungsberechtigten)
weiteres Zitat aus der Äußerung der Bundesregierung
VfGH zum Gewicht des Rechtes auf Substanz zu den Nutzungsrechten
Zitat aus Walter Schiff, Österreichs Agrarpolitik seit der Grundentlastung, Thübingen 1898
VfGH weiter zum Wert der Substanz gegenüber blossen Nutzungsrechten
Punkt 4. der Begründung der Gesetzesaufhebung
Beginn der Behandlung der Beschwerde der Stadtgemeinde Innsbruck, den sog. Eggenwald betreffend
Sachverhalt den sog. Eggenwald/Innsbruck betreffend
ergänzende Äußerung der Tiroler Landesregierung zur Beschwerde der Stadt Innsbruck
ergänzende Begründung für Aufhebung von Teilen des Tiroler Flurverfassungsgesetzes
Fraktionsgut = Gemeindegut

Erkenntnis

Typ
VfGH Erkenntnis
Datum
19820301
Sammlungsnummer
9336
Geschäftszahl
G35/81,G36/81,G83/81,G84/81
Index
L6    Land- und Forstwirtschaft
L6650 Landwirtschaftliches Siedlungswesen
Norm
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz;
B-VG Art12 Abs2;
B-VG Art140 Abs1 / Allg;
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität;
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand;
B-VG Art140 Abs3 erster Satz;
B-VG Art140 Abs5;
FlVfGG 1951 §15 Abs2 litd;
Tir FlVLG 1978 §33 Abs2 litc;
Vlbg FlVfLG §31 Abs2 litd;
Vlbg GdG 1965;
Leitsatz
Flurverfassungs-Grundsatzgesetz; §15 Abs2 litd gleichheitswidrig;
Einbeziehung des Gemeindegutes in die Ordnung der Verhältnisse an
agrargemeinschaftlichen Grundstücken; gleichheitswidrige
Vernachlässigung des Substanzwertes des Gemeindegutes;

Vbg. Flurverfassungsgesetz 1979; §31 Abs2 litd gleichheitswidrig

Tir. Flurverfassungslandesgesetz 1978; §33 Abs2 litc
gleichheitswidrig

Neukundmachung (Wiederverlautbarung) ändert nichts an der Identität
der Norm

Beachte
vgl. Kundmachung BGBl. 212/1982 am 6. Mai 1982; LGBl. f. Vbg. 14/1982
am 6. Mai 1982, LGBl. f. Tirol 27/1982 am 20. April 1982; s.
Anlaßfälle VfSlg. 9435/1982 und Erk. B57/79 v. 7. Oktober 1982

Spruch
I. §15 Abs2 litd des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, Anlage 1
zur Kundmachung der Bundesregierung vom 13. Feber 1951, BGBl. Nr.
103, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser
Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

II. §31 Abs2 litd des Vbg. Flurverfassungsgesetzes, Anlage zur
Kundmachung der Vbg. Landesregierung vom 5. Februar 1979, LGBl. Nr.
2, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 28. Feber 1983 in Kraft.

Frühere Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Vbg. ist zur unverzüglichen Kundmachung
dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

III. §33 Abs2 litc des Tir. Flurverfassungslandesgesetzes 1978,
Anlage zur Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 26. September
1978, LGBl. Nr. 54, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 28. Feber 1983 in Kraft.

Frühere Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Tirol ist zur unverzüglichen Kundmachung
dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung
                        Entscheidungsgründe:

Zu G35, 36/81

I. Das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, Anlage 1 zur Kundmachung
der Bundesregierung vom 13. Feber 1951, BGBl. 103 (FlV-GG), enthält
unter anderem Grundsätze für die Ordnung der rechtlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen
Grundstücken. Agrargemeinschaftliche Grundstücke und damit Gegenstand
der Teilung und Regulierung nach Maßgabe dieses Gesetzes sind nach
§15 Abs1 zunächst solche, bezüglich derer zwischen bestandenen
Obrigkeiten und Gemeinden (Ortschaften) oder ehemaligen Untertanen
sowie zwischen zwei oder mehreren Gemeinden (Ortschaften)
gemeinschaftliche Besitz- und Benutzungsrechte bestehen (lita) oder
welche von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Gemeinde
(Ortschaft), einer oder mehreren Gemeindeabteilungen (Ortsteile),
Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften kraft ihrer
persönlichen oder mit einem Besitz verbundenen Mitgliedschaft oder
von den Mitberechtigten von Wechsel- oder Wandelgründen
gemeinschaftlich oder wechselweise benutzt werden (litb); zu den
agrargemeinschaftlichen Grundstücken sind aber nach Abs2 auch noch
andere Grundstücke zu zählen, darunter solche, die in Ausführung der
Gesetze über die Regulierung und Ablösung der Servituten einer
Gemeinde (Ortschaft) oder Gesamtheit von Berechtigten zu gemeinsamer
Benutzung und gemeinsamen Besitz abgetreten worden sind (litc) und
schließlich

"d) das einer gemeinschaftlichen Benutzung nach den Bestimmungen der
Gemeindeordnungen unterliegende Gemeindegut (Ortschafts-,
Fraktionsgut)".

Keine agrargemeinschaftlichen Grundstücke sind nach Abs3 die zum
Vermögen einer Gemeinde gehörigen Grundstücke, die nicht unmittelbar
von den Gemeindegliedern genutzt, sondern durch Verpachtung oder auf
eine andere Art zugunsten des Gemeindevermögens verwertet werden.

In Ausführung dieser Grundsätze nennt das Vbg. Flurverfassungsgesetz,
Anlage zur Kundmachung der Vbg. Landesregierung vom 16. Dezember
1971, LGBl. 43 (VFlVG), in §31 Abs2 als zu den
agrargemeinschaftlichen Grundstücken zählend neben den anderen in der
grundsatzgesetzlichen Bestimmung genannten Grundstücken

"d) das einer gemeinschaftlichen Nutzung unterliegende Gemeindegut
bzw. Ortschaftsgut".

§31 Abs3 VFlVG entspricht §15 Abs3 FlV-GG.

Die beiden wörtlich wiedergegebenen Vorschriften der litd in
Grundsatz- und Ausführungsgesetz sind Gegenstand der vorliegenden
Gesetzesprüfungsverfahren.

Den Anlaß zur Einleitung der Verfahren geben drei Beschwerden an den
VfGH, in denen die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter
Rechte durch Bescheide von Agrarbehörden gerügt wird. In allen drei
Agrarverfahren war die Frage zu beantworten, ob bestimmte Grundstücke
agrargemeinschaftliche Grundstücke des Gemeindegutes Feldkirch sind.

1. Zu diesen Agrarverfahren ist es wie folgt gekommen:

Am 27. März 1925 schlossen die damals selbständigen Gemeinden
Feldkirch und Altenstadt eine Vereinbarung über ihren Zusammenschluß
zu einer neuen Ortsgemeinde (§§2, 69 der Vbg. Gemeindeordnung
LGBl. 87/1904). Nach deren Inhalt ging unter anderem das gesamte
Vermögen der beiden Gemeinden mit Ausnahme des mit Bürgernutzungen
belasteten Gemeindegutes in das Vermögen der neuen Stadtgemeinde
Feldkirch über (Pkt. II). Das mit Bürgernutzungen belastete - im
einzelnen parzellenmäßig angeführte - Gemeindegut blieb
Sondervermögen der bisherigen Besitzerinnen (Fraktionsgut) und sollte
grundbücherlich in das Eigentum der Fraktion Feldkirch bzw.
Altenstadt übertragen werden, wobei alle die Verwaltung der
Fraktionsgüter betreffenden Beschlüsse, Vorkehrungen, Handlungen und
Unterlassungen, insoweit sie die Bürgernutzungen betreffen und auf
diese irgendeine Rückwirkung haben, der Beschlußfassung eines aus
nutzungsberechtigten Bürgern zusammengesetzten, von den
Gemeindevertretern der betreffenden Fraktion gewählten Ausschusses
unterliegen sollten (Pkt. III). Schließlich wurden einige Fragen
betreffend die Teilnahme der Bürger der neu gebildeten Gemeinde an
den Nutzungen der Fraktionsgüter einschließlich der künftigen
Verleihung des Bürgerrechtes geregelt (Pkt. IV). Diese Vereinbarung
wurde von der Vbg. Landesregierung genehmigt (LGBl. 23/1925). Die
Eintragung des Eigentums der Fraktion Feldkirch im Grundbuch
unterblieb jedoch.

In der Folge kam es zwischen den Bürgern dieser Fraktion und der
Stadtgemeinde Feldkirch zu einer Auseinandersetzung über den
Charakter von deren Nutzungen an gemeindeeigenen Grundstücken, die
zur Einleitung von Verfahren nach dem Flurverfassungsgesetz führte.

a) Nach mehreren erfolglosen, in das Jahr 1951 zurückreichenden
Versuchen beantragte der Verwaltungsausschuß für die Bürgernutzungen
der Fraktion Feldkirch am 10. Februar 1968 bei der
Agrarbezirksbehörde Bregenz neuerlich die Einleitung eines
Regulierungsverfahrens und legte dazu die Unterschriften von 72 der
insgesamt 257 Nutzungsberechtigten (mehr als einem Viertel der
bekannten Teilgenossen iS des §46 Abs2 VFlVG 1951) vor. Da sich die
Tätigkeit dieser Behörde im wesentlichen darin erschöpfte, die
Stadtgemeinde Feldkirch wiederholt zur Stellungnahme aufzufordern,
machte der Verwaltungsausschuß am 21. Juni 1971 den Übergang der
Entscheidungspflicht an die Oberbehörde geltend. Der Landesagrarsenat
setzte mit Erk. vom 24. September 1973 die Entscheidung über die
Einleitung des Regulierungsverfahrens unter Hinweis auf §43 VFlVG
(LGBl. 43/1971) aus und wies die Sache an die Agrarbezirksbehörde mit
dem Auftrag zurück, darüber zu entscheiden, ob die Bürgernutzung der
Fraktion Feldkirch eine Agrargemeinschaft iS des VFlVG darstelle, wer
Eigentümer der von den Bürgern der Fraktion genutzten Grundstücke sei
und ob es sich bei diesen Grundstücken um Gemeindegut oder
Gemeindevermögen handle.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, dem neben der
Stadtgemeinde auch die der Behörde bekanntgegebenen
Nutzungsberechtigten ("Aktivbürger") selbst beigezogen wurden,
stellte die Agrarbezirksbehörde mit Bescheid vom 23. Mai 1977 unter
Berufung auf §84 VFlVG fest, daß (1.) bestimmte - namentlich genannte
Liegenschaften agrargemeinschaftliche Grundstücke des Gemeinde gutes
Feldkirch seien, (2.) alle nicht erwähnten, im grundbücherlichen
Eigentum der Stadtgemeinde Feldkirch stehenden Liegenschaften,
insbesondere aber auch bestimmte von der Fraktion Feldkirch
angesprochene - namentlich genannte - Grundstücke Gemeinde vermögen
seien und (3.) die - nicht namentlich genannten -
nutzungsberechtigten Personen der Fraktion Feldkirch eine
Agrargemeinschaft bilden und diese Eigentümerin der als Gemeindegut
festgestellten Liegenschaften sei.

b) Gegen den Bescheid der Agrarbezirksbehörde erhoben die
Stadtgemeinde Feldkirch, der Verwaltungsausschuß für Bürgernutzungen
der Fraktion Feldkirch und 226 "Aktivbürger" Berufung. Mit Erk. vom
20. Juli 1978 gab der Landesagrarsenat der Berufung der Stadtgemeinde
teilweise Folge, indem er bezüglich einiger Grundstücke die
Feststellung als agrargemeinschaftliches Gemeindegut in Pkt. 1 des
bekämpften Bescheides aufhob und die Sache in diesem Umfang zur
neuerlichen Entscheidungen die Agrarbezirksbehörde verwies, im
übrigen aber die Berufung der Stadtgemeinde abwies (Pkt. 2 des
Berufungsbescheides); den Berufungen des Verwaltungsausschusses und
von 225 Aktivbürgern gab er Folge und änderte Punkt 2 des bekämpften
Bescheides dahin ab, daß nur die von der Fraktion Feldkirch
angesprochenen - namentlich genannten - Grundstücke, nicht aber alle
nicht bereits als Gemeindegut festgestellten, im bücherlichen
Eigentum der Stadtgemeinde stehenden als Gemeindevermögen
festgestellt werden (Pkt. 1 des Berufungsbescheides). Die Berufung
eines weiteren Bürgers wurde abgewiesen (Pkt. 3 des
Berufungsbescheides). Der Senat hielt die Sachverhaltsermittlung der
Agrarbezirksbehörde in bezug auf die Zweckwidmung und das Ausmaß bzw.
in bezug auf die Nutzungen einiger der als Gemeindegut festgestellten
Grundstücke für ergänzungsbedürftig und sah Anlaß und Möglichkeit für
eine Feststellung des Gemeindevermögens nur bei den vom
Verwaltungsausschuß und den Nutzungsberechtigten in Anspruch
genommenen Grundstücken, hielt jedoch im übrigen die Feststellungen
der Agrarbezirksbehörde für richtig.

Gegen den Berufungsbescheid des Landesagrarsenates vom 20. Juli 1978
richtet sich eine Beschwerde der Stadt Feldkirch an den VfGH
(B472/78). Sie bekämpft die Bestätigung des Bescheides der
Agrarbezirksbehörde über die Feststellung des Gemeindegutes betreffs
einiger Grundstücke und über den Bestand einer Agrargemeinschaft und
das Eigentum am Gemeindegut (Pkt. 2 des Berufungsbescheides) sowie
die Änderung der Feststellung über das Gemeindevermögen (Herausnahme
des Satzteiles "alle ... Liegenschaften, insbesondere aber auch";
Pkt. 1 des Berufungsbescheides) und rügt die Anwendung
verfassungswidriger Normen und die Verletzung der
verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem
Gesetz, Unversehrtheit des Eigentums und ein Verfahren vor dem
gesetzlichen Richter sowie des Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinde.
Die gesetzlichen Grundlagen des Bescheides seien verfassungswidrig.
Insbesondere verstoße die im Flurverfassungsrecht enthaltene
Unterscheidung von Gemeindevermögen und Gemeindegut gegen den
Gleichheitssatz, weil sie nutzungsberechtigte "Bürger" gegenüber
anderen Gemeindemitgliedern unsachlich bevorzuge.

c) Außerdem erhob die Stadt Feldkirch gegen den beim VfGH
angefochtenen Berufungsbescheid des Landesagrarsenates vom 20. Juli
1978 Berufung an den Obersten Agrarsenat, worin sie die teilweise
Aufhebung und Zurückverweisung der Sache betreffs einiger von der
Agrarbezirksbehörde als Gemeindegut festgestellten Grundstücke (Pkt.
2 des Berufungsbescheides) und die Abänderung der Feststellung über
das Gemeindegut durch Herausnahme eines Satzteiles (Pkt. 1 des
Berufungsbescheides) bekämpfte und eine Entscheidung in der Sache
selbst begehrte. Diese Berufung wies der Oberste Agrarsenat mit Erk.
vom 6. Dezember 1978, soweit sie sich gegen die teilweise Aufhebung
und Zurückverweisung der Sache richtet, als unzulässig zurück, im
übrigen aber als unbegründet ab. In der Aufhebung des Bescheides und
Zurückverweisung der Sache liege ebensowenig ein abänderndes Erk. (iS
des §7 Abs2 Z1 AgrarbehördenG idF BGBl. 476/1974) wie in der
Abweisung der Berufung bezüglich der anderen als Gemeindegut
festgestellten Grundstücke. Betreffs der nicht namentlich genannten,
im grundbücherlichen Eigentum der Stadtgemeinde stehenden Grundstücke
fehle es aber tatsächlich an ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen
und sei der Spruch zu unbestimmt; insofern handle es sich um einen
bloßen Teilbescheid (was die Agrarbezirksbehörde durch die Zitierung
des §59 Abs1 AVG zum Ausdruck gebracht habe), der die Durchführung
weiterer Verfahren nach Maßgabe der Parteianträge nicht hindere.

Gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates richtet sich eine
Beschwerde der Stadt Feldkirch (B57/79), worin die Verletzung des
verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor
dem gesetzlichen Richter geltend gemacht wird.

d) Mit Vertrag vom 12. Juli 1976 tauschte die Stadtgemeinde Feldkirch
das der Agrargemeinschaft Altgemeinde Altenstadt gehörende, aus dem
Grundstück 2401/110 neu gebildete Grundstück 2401/139 KG Altenstadt
im Ausmaß von 2.400 Quadratmeter gegen das in ihrem bücherlichen
Eigentum stehende, aus dem Grundstück 2534/7 KG Göfis neu gebildete
Grundstück 2534/9 im gleichen Ausmaß ein. Diese Veräußerung eines
agrargemeinschaftlichen Grundstückes genehmigte die
Agrarbezirksbehörde Bregenz auf Antrag der Vertragspartner mit
Bescheid vom 20. Oktober 1976 nach §34 VFlVG mit der Maßgabe ("unter
der Voraussetzung"), daß die Stadtgemeinde Feldkirch dem Fraktionsgut
Feldkirch ein wertgleiches Ersatzgrundstück zur Verfügung stellen
müsse, falls die ursprüngliche Parzelle 2534/7 KG Göfis als
Fraktionsgut festgestellt werden sollte. Eine solche Feststellung war
in der Folge mit dem (oben unter Pkt. 1 genannten) Bescheid der
Agrarbezirksbehörde vom 23. Mai 1977 getroffen worden.

Gegen den Genehmigungsbescheid der Agrarbezirksbehörde erhob die
Stadtgemeinde Feldkirch insoweit Berufung, als die Genehmigung von
einer Voraussetzung abhängig gemacht worden war. Der Landesagrarsenat
gab der Berufung mit Erk. vom 21. Juli 1978 Folge und änderte den
Bescheid der Agrarbezirksbehörde dahin ab, daß die Veräußerung aus
der agrargemeinschaftlichen Grundparzelle 2401/110 unter den im
Tauschvertrag enthaltenen Bedingungen agrarbehördlich genehmigt wird.
Der Wirtschaftsbetrieb der Agrargemeinschaft Gemeindegut Feldkirch
werde durch das Ausscheiden eines Grundstücksteiles nicht gefährdet,
sodaß die Auflage unabhängig von der Frage ihrer Zulässigkeit nicht
erforderlich sei.

Den Bescheid des Landesagrarsenats bekämpfen der Verwaltungsausschuß
für Bürgernutzungen der Fraktion Feldkirch und 225 "Aktivbürger" beim
VfGH mit der Behauptung, sie würden dadurch im verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt
(B508/78).

2. Bei der Beratung über die Beschwerden ist der VfGH vorläufig davon
ausgegangen, daß die Beschwerden in den wesentlichen Punkten zulässig
sind und bei ihrer Beurteilung §31 Abs2 litd VFlVG und §15 Abs2 litd
FlV-GG anzuwenden sind.

a) Über die Zulässigkeit der Beschwerden hat der VfGH in dem die
Gesetzesprüfungsverfahren einleitenden Beschluß folgendes ausgeführt:

"Der Instanzenzug in Angelegenheiten der Bodenreform endet
grundsätzlich beim Landesagrarsenat (§7 Abs1 AgrarbehördenG idF
BGBl. 476/1974). Eine Berufung an den Obersten Agrarsenat ist nur in
gewissen Fällen und nur gegen abändernde Erk. des Landesagrarsenates
zulässig (§7 Abs2 AgrBehG); ein solcher Fall liegt auch vor, wenn
festzustellen ist, ob ein agrargemeinschaftliches Grundstück
vorliegt, wem das Eigentumsrecht daran zusteht und ob eine
Agrargemeinschaft vorhanden ist (§7 Abs2 Z1 AgrBehG). Der
Instanzenzug gegen den mit diesen Fragen befaßten Bescheid des
Landesagrarsenates ist also insoweit erschöpft, als dieser den
Bescheid der Agrarbezirksbehörde nicht abgeändert hat. Nun liegt eine
Bestätigung des Bescheides - was die angefochtenen Teile betrifft -
offenbar insoweit vor, als die Berufung gegen die Feststellungen der
Agrarbezirksbehörde abgewiesen wurde, bestimmte Liegenschaften seien
agrargemeinschaftliche Grundstücke des Gemeindegutes Feldkirch, deren
nutzungsberechtigte Personen bildeten eine Agrargemeinschaft und
diese sei Eigentümerin der Liegenschaft (Pkt. 1 und 3 des Bescheides
der Agrarbezirksbehörde). Darüber hinaus scheint aber auch die
Aufhebung und Zurückverweisung der Sache betreffs anderer Grundstücke
(Pkt. 1 des Bescheides der Agrarbezirksbehörde) als
verfahrensrechtlicher Bescheid nicht anfechtbar zu sein. Die
Beschwerde der Stadtgemeinde Feldkirch (B472/78) dürfte also in
diesem Umfang zulässig sein. Eine Abänderung scheint nur die
Herausnahme des ersten Halbsatzes aus den Feststellungen des
Gemeindevermögens (Pkt. 2 des Bescheides der Agrarbezirksbehörde) zu
bedeuten, denn damit hat der Landesagrarsenat eine Sachentscheidung
über die Zuordnung von Liegenschaften anscheinend endgültig abgelehnt
(auch in der Begründung wird ausgeführt, daß die Agrarbezirksbehörde
insoweit keine Veranlassung zur Feststellung hatte); nur insoweit mag
eine Berufung an den Obersten Agrarsenat zulässig gewesen, der
Instanzenzug nicht erschöpft und die Beschwerde unzulässig sein.

Gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates kommt ein Rechtsmittel
nicht in Betracht, sodaß die dagegen erhobene Beschwerde (B57/79)
zur Gänze zulässig zu sein scheint.

Was den im Verwaltungsverfahren gemäß §7 AgrBehG anscheinend nicht
mehr bekämpfbaren Bescheid des Landesagrarsenates über die
Genehmigung des Tauschvertrages betrifft, geht der Gerichtshof
vorläufig davon aus, daß er dieses Rechtsgeschäft nicht nur als
Veräußerung der Parzelle 2401/139 (KG Altenstadt) aus dem Gemeindegut
der Fraktion Altenstadt, sondern auch als Veräußerung der Parzelle
2534/9 (KG Göfis) aus dem Gemeindegut der Fraktion Feldkirch
genehmigt (weil andernfalls die Bezugnahme auf diese
Agrargemeinschaft nicht verständlich wäre). Daraus scheint zu folgen,
daß die nach ihren Behauptungen Nutzungsberechtigten der Fraktion
Feldkirch und allenfalls auch die Gemeinschaft durch den sie im Falle
ihrer körperschaftlichen Organisation vertretenden
Verwaltungsausschuß als Parteien des Verwaltungsverfahrens in
Betracht kommen, sodaß die Beschwerde (B508/78) zumindest für einen
der Beschwerdeführer zulässig ist."

b) Die Notwendigkeit der Anwendung der in Prüfung gezogenen
Gesetzesstellen in diesen Beschwerdeverfahren hat der Gerichtshof
vorläufig aus folgenden Gründen angenommen:

"In allen drei angefochtenen Bescheiden geht es um die Frage, ob
Gemeindegut iS des Flurverfassungsrechts vorliegt oder nicht. Diese
Frage ist in den zu B472/78 und B57/79 bekämpften Bescheiden durch
Feststellungen beantwortet und in dem zu B508/78 bekämpften Bescheid
im Wege der Vorfragenbeurteilung gelöst worden. Daß die beiden
erstgenannten Bescheide durch das unbekämpft gebliebene Erk. des
Landesagrarsenates vom 24. September 1973 veranlaßt wurden und die
Zulässigkeit ihrer Erlassung daher als solche nicht mehr überprüft
werden kann, scheint einer Anwendung des §31 Abs2 litd FlVG nicht im
Wege zu stehen. Denn mit diesem Erk. wurde lediglich die Pflicht der
Agrarbehörden begründet, iS der §§43, 84 FlVG zu entscheiden, ob eine
Agrargemeinschaft iS des Flurverfassungsrechts vorliegt, wer
Eigentümer der von den Bürgern der Fraktion Feldkirch genutzten
Grundstücke ist und ob es sich bei diesen Grundstücken um Gemeindegut
oder Gemeindevermögen handelt. Soweit bei Beantwortung dieser Fragen
neuerlich Vorschriften des Flurverfassungsrechtes heranzuziehen
sind - und das scheint (wie im folgenden gezeigt wird) sowohl für den
Begriff des Gemeindegutes wie für die Feststellung des Vorliegens
einer Agrargemeinschaft und der Eigentumsverhältnisse in Ansehung
des §31 Abs2 litd FlVG der Fall zu sein - hat sie der VfGH auch bei
Beurteilung der Beschwerden anzuwenden. §31 Abs2 litd FlVG führt aber
wieder nur §15 Abs2 litd FlV-GG aus; auch diese Gesetzesstelle ist
daher Grundlage der verfassungsrechtlichen Prüfung."

3. Die von diesen Beschwerdefällen ausgelösten Bedenken gegen die
Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung stehenden Gesetzesstellen (die
trotz ähnlicher Sachlage aus dem Blickwinkel von VfSlg. 5666/1968
noch nicht entstanden waren) betreffen die Einbeziehung des
Gemeindegutes in die Ordnung der rechtlichen Verhältnisse an
agrargemeinschaftlichen Grundstücken nach Maßgabe der bestehenden
Bodenreformgesetze.

Ausgehend von der vorläufigen Annahme, daß ungeachtet des
abweichenden Wortlautes eine dem Grundsatzgesetz entsprechende
Auslegung des Landesgesetzes möglich ist (da die fehlenden Worte "...
nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen ..." offenbar nur der
Verdeutlichung dienen) und unter Gemeindegut daher in beiden Gesetzen
nur das von Gemeindemitgliedern unmittelbar genutzte Gut und außerdem
im Hinblick auf den Zweck der Regelung nur jenes Gut gemeint ist, das
nicht dem Gemeingebrauch dient, sondern in einer über den schlichten
Gebrauch hinausgehenden Weise wirtschaftlich genutzt wird (wobei es
nicht darauf ankommt, ob die Nutzung allen oder nur bestimmten
Gemeindegliedern zukommt und wonach sich die Teilnahme an diesen
Nutzungen bestimmt), hat der Gerichtshof diese Bedenken wie folgt
formuliert:

"Mit diesen Bestimmungen nimmt des Flurverfassungsrecht auf jene
Erscheinung des Gemeinderechtes Bezug, die ihren Ursprung im
Gemeindeeigentum der seinerzeitigen 'Realgemeinde' hatte und die
Schaffung der modernen politischen (Personal-)Gemeinde in der Weise
überdauert hat, daß bestimmte Gemeindeglieder (im Kern die Glieder
der früheren 'Realgemeinde') Teile des Gemeindeeigentums wie bisher
weiter nutzen durften. Wie alle im Rahmen des Reichsgemeindegesetzes,
RGBl. 18/1862, erlassenen Gemeindeordnungen schied auch die Vbg.
Gemeindeordnung, LGBl. 22/1864, das 'gesamte bewegliche und
unbewegliche Eigentum' der Gemeinde (§60) in das Stammvermögen und
das Stammgut (§61), wobei sich im Anschluß an Vorschriften über das
gesamte erträgnisfähige Vermögen (§62) folgende Regelung der
Nutzungen des Gemeindegutes findet:

'§63. In Bezug auf das Recht und das Maß der Theilnahme an den
Nutzungen des Gemeindegutes ist sich nach der bisher giltigen Uebung
zu benehmen, mit der Beschränkung jedoch, daß, soferne nicht
spezielle Rechtstitel Ausnahmen begründen, kein zum Bezuge
berechtigtes Gemeindemitglied aus dem Gemeindegute einen größeren
Nutzen ziehe, als zur Deckung seines Haus- und Gutsbedarfes
nothwendig ist. Wenn und insoweit eine solche giltige Uebung nicht
besteht, hat der Ausschuß mit Beachtung der erwähnten beschränkenden
Vorschrift die, die Theilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes
regelnden Bestimmungen zu treffen. Hiebei kann diese Theilnahme von
der Entrichtung einer jährlichen Abgabe, und anstatt oder neben
derselben von der Entrichtung eines Einkaufsgeldes abhängig gemacht
werden. Diejenigen Nutzungen aus dem Gemeindegute, welche nach
Deckung aller rechtmäßig gebührenden Ansprüche erübrigen, sind in die
Gemeindekasse abzuführen.'

Diese Vorschriften kann der Gerichtshof vorläufig nicht anders
verstehen, als daß auch das mit Nutzungen belastete Eigentum der
früheren Realgemeinde auf die neue Gemeinde übergegangen war und
lediglich mit den bisherigen Nutzungen belastet blieb (wofür
insbesondere die Verwendung des Überschusses spricht), sich also vom
sonstigen Gemeindevermögen nur durch die Zweckbestimmung
unterscheidet (vgl. VfSlg. 1383/1931 und 4229/1962, S. 352 f). Der
Gerichtshof geht ferner von der damit übereinstimmenden, auf die
ständige Rechtsprechung des seinerzeitigen kk. VwGH gestützten
herrschenden Meinung aus, daß die Nutzungsverhältnisse an Gemeindegut
öffentlich-rechtlicher Natur sind (vgl. dazu VfSlg. 5666/1968; zu den
dort angeführten Belegstellen vgl. noch Mayrhofer, Handbuch, Erster
Ergänzungsband, 354 ff; s. auch Mischler - Ulbrich, Oesterreichisches
Staatswörterbuch II, 720 f, D. Das Gemeindegut).

Ohne besondere Bezugnahme auf das Gemeindegut ordnet sodann das FlVG
für agrargemeinschaftliche Grundstücke an, daß die
Anteilsberechtigten (nämlich die Eigentümer sogenannter
Stammsitzliegenschaften und die Inhaber sogenannter walzender
Anteile) eine Agrargemeinschaft bilden (§32 Abs1), daß
Agrargemeinschaften aus mindestens fünf Mitgliedern als
Körperschaften öffentlichen Rechtes zu organisieren sind (§32 Abs2)
und daß die Behörde festzustellen hat, welche Liegenschaften
agrargemeinschaftlich sind und wem sie gehören, insbesondere, ob das
Eigentum daran mehreren Teilgenossen als Miteigentum oder einer
körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht (§33 Abs1
FlVG, entsprechend §17 Abs1 FlV-GG). Diese Vorschriften sind indessen
nur ein erster - den folgenden Weg maßgeblich bestimmender - Schritt
zur Ordnung der rechtlichen Verhältnisse an den betroffenen
Grundstücken. Eine solche Ordnung kann nicht nur durch Regulierung
der gemeinschaftlichen Nutzungs- und Verwaltungsrechte, sondern auch
durch Teilung erfolgen (§36 Abs1 FlVG, entsprechend §19 FlV-GG), bei
welcher Teilflächen den Teilgenossen ins Eigentum übergeben werden
(§36 Abs2 FlVG, entsprechend §20 Abs1 FlV-GG), so zwar, daß eine
Hauptteilung unter anderem zur Auseinandersetzung zwischen der
Gemeinde und einer agrarischen Gemeinschaft stattfindet (§36 Abs4
FlVG, entsprechend §20 Abs2 FlV-GG).

In ihrem Zusammenhang entnimmt der VfGH diesen Vorschriften
vorläufig, daß Gemeindegut als agrargemeinschaftlicher Grund einer
Gemeinschaft zugeordnet werden soll, die entweder aus den
Nutzungsberechtigten mit Einschluß der Gemeinde oder aus der Gemeinde
einerseits und einer Agrargemeinschaft der Nutzungsberechtigten
andererseits besteht, und sodann unter Umständen einer Teilung
unterworfen wird, bei der den in der Agrargemeinschaft vereinigten
Teilhabern Eigentum an einer Teilfläche übertragen wird. Daraus würde
zwangsläufig folgen, daß bei der Feststellung des Eigentums am
Gemeindegut iS des §33 Abs1 Miteigentum der Gemeinde und der
Nutzungsberechtigten bzw. einer Agrargemeinschaft der
Nutzungsberechtigten angenommen werden muß. Andernfalls wäre weder
der Bestand einer Agrargemeinschaft mit der Gemeinde feststellbar
noch ein Grund für eine allfällige Teilung (Hauptteilung) zu
erkennen.

Waren nun aber die Nutzungsverhältnisse am Gemeindegut bisher
öffentlichrechtlicher Natur, so konnten sie anscheinend nicht
zugleich Ausfluß eines schon bestehenden Miteigentums der
Nutzungsberechtigten sein. Also scheint schon die Einbeziehung des
Gemeindegutes in die Ordnung der rechtlichen Verhältnisse an
agrargemeinschaftlichen Grundstücken (und nicht erst die Teilung
selbst, wie der Gerichtshof im Erk. VfSlg. 1143/1929 wohl unterstellt
hat) eine Überleitung bisher öffentlich-rechtlicher
Nutzungsbefugnisse in privatrechtlich Anteile an einer
Agrargemeinschaft zu bewirken (die ihrerseits Mit- oder
Alleineigentümerin des Gemeindegutes ist). Damit würde das
Flurverfassungsrecht eine Änderung der Eigentumsverhältnisse
zugunsten der nutzungsberechtigten Bürger herbeiführen.

Nun hat der Gerichtshof zwar verfassungsrechtliche Bedenken weder
gegen den Bestand von unmittelbaren Nutzungsrechten am Gemeindegut
noch gegen die Bildung öffentlich-rechtlicher Körperschaften der
Nutzungsberechtigten, auch wenn daran nicht alle Gemeindemitglieder
teilnehmen, und er hält vorläufig auch die Umwandlung
öffentlich-rechtlicher Nutzungsrechte in Privatrechte für zulässig.
Selbst die auf den ersten Blick willkürlich anmutende Abgrenzung des
Kreises der Nutzungsberechtigten scheint ihm mit Rücksicht auf den
mehr als hundertjährigen Bestand der Nutzungsrechte und den Umstand,
daß sie ungeachtet der öffentlichrechtlichen Regelung der
Einzelbefugnisse in ihrer jeweiligen Gesamtheit sowohl nach ihrer
Herkunft als auch nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung
privatrechtlichen Befugnissen ähnlich sind (und teilweise schon nach
dem Patent über die Regulierung und Ablösung der Holz-, Weide- und
Forstprodukten-Bezugsrechte, RGBl. 130/1853, als Dienstbarkeiten
reguliert oder zugunsten von Gemeinschaften abgelöst wurden), ja
selbst die einzelnen Berechtigungen früher häufig als Dienstbarkeiten
angesehen wurden (als Prädialservituten zB von Pitreich, Miteigenthum
als Realrecht, Gerichts-Ztg. 1887, 393 ff, 394; oder Krainz - Pfaff -
Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts,
3. Auflage, 1899, 205), grundsätzlich sachlich und damit
verfassungsrechtlich unbedenklich zu sein. Er sieht vorläufig auch
kein Hindernis dafür, daß die Ordnung der Rechtsverhältnisse am
überkommenen Gemeindegut - also von Nachwirkungen der alten
Agrargemeinde - als Angelegenheit der Bodenreform behandelt und der
Vollziehung durch Agrarbehörden überantwortet wird.

Bedenken hat der Gerichtshof aber gegen die schematische Verwandlung
bloßer Nutzungsrechte an öffentlichen Sachen in Anteilsrechte an der
Gemeinschaft und damit in eine Teilhabe an der Substanz. Die
undifferenzierte Einbeziehung des Gemeindegutes in eine auf
bestehende agrarische Gemeinschaften abgestellte Regelung scheint
nämlich durch Gleichsetzung von Nutzungsrechten und Anteilen den
Inhalt der Rechtspositionen ohne sachliche Rechtfertigung zu
erweitern: Während den in einer Agrargemeinschaft zusammengefaßten
Anteilsberechtigten die Sache selbst zusteht, ist den am Gemeindegut
Berechtigten nur die widmungsmäßige und das heißt: nur eine bestimmte
beschränkte, nicht alle möglichen Verwendungsweisen der Sache
umfassende Nutzung (im vorliegenden Fall etwa der Bezug von Holz)
zugewiesen. Deshalb bestimmen sich zwar bei bestehenden
Gemeinschaften die Anteile nach dem Verhältnis der gebührenden
Nutzungen (vgl. §§46 und 57 ff FlVG; auch das in den §§46 Abs2 und 57
Abs2 lita vorgesehene 'weitere Anteilsrecht' der Gemeinde als
eingetragener Eigentümerin gebührt ihr nur dann, wenn sie über ihren
Anteil bzw. die ihr als Eigentümerin einer Stammsitzliegenschaft oder
als Inhaberin eines persönlichen Anteils zustehende Berechtigung
hinaus an der Nutzung teilgenommen hat); um die Rechtsverhältnisse am
Gemeindegut angemessen in Anteilen auszudrücken, müßte aber zunächst
die Summe der Nutzungswerte mit dem Substanzwert ins Verhältnis
gesetzt werden. Denn der Substanzwert deckt sich ja durchaus nicht
immer mit der Summe der widmungsmäßigen Nutzungen. Eine
Berücksichtigung des Substanzwertes ist aber in einem auf
Nutzungsgemeinschaften abgestellten System, wie es das FlV-GG und ihm
folgend die Landesgesetze enthalten, anscheinend nicht vorgesehen.
Werden so Nutzungsrechte an fremder Sache nach ihrem Verhältnis in
Anteile an der Substanz verwandelt, so ziehen sie auch den Wert der
Substanz an sich. Damit scheint den Nutzungsberechtigten ein durch
die bisherige Entwicklung des Rechtsinstituts nicht zu
rechtfertigender Vorteil gegenüber anderen Gemeindebürgern eingeräumt
zu werden. Dieser Erfolg tritt aber (wie ... ausgeführt) offenbar
nicht erst bei der Feststellung der Anteilsrechte zwecks Teilung oder
Regulierung ein - die noch nicht Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens ist -, sondern schon bei der Feststellung, wer Eigentümer
der Liegenschaften ist. Denn Eigentümer kann nur sein, wem überhaupt
ein Anteil an der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft, welcher Größe
auch immer, zusteht.

Der vorliegende Fall scheint das unsachliche Ergebnis deutlich zu
machen: Unterstellt man, daß die Gemeinde Feldkirch aus den in Rede
stehenden Wäldern kein Holz bezogen hat, so dürfte die Entscheidung
des Landesagrarsenates, die nutzungsberechtigten Personen der
Fraktion Feldkirch bildeten die Agrargemeinschaft, die Eigentümerin
der als Gemeindegut (!) festgestellten Liegenschaften sei, dem System
des FlV-GG und den Vorschriften des anzuwendenden FlVG durchaus
entsprechen. Eine Berücksichtigung des Substanzwertes scheint keine
Vorschrift zu ermöglichen. Also scheint auch kein Platz für die
Feststellung eines Miteigentums der Gemeinde zu sein.

Dieses Ergebnis scheint auch dadurch nicht vermeidbar zu sein, daß
man annimmt, die Behörden hätten die Feststellung, es handle sich um
Gemeindegut, notwendig mit der Aussage verknüpfen müssen, dessen
Eigentümer sei die Stadtgemeinde Feldkirch (in diese Richtung deuten
anscheinend die freilich auf einen anders gelagerten Sachverhalt
bezogenen und vor einem anderen normativen Hintergrund stehenden
Ausführungen in VfSlg. 4229/1962). Eine solche Auffassung
widerspräche nämlich der aus den §§32 und 33 Abs1 FlVG vorläufig
entnommenen und dem Begriff des agrargemeinschaftlichen Grundstücks
(sowohl nach dem Grundsatz- wie nach dem Ausführungsgesetz)
entsprechenden Vorstellung des Gesetzgebers, daß wahrer Eigentümer
eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes jedenfalls künftig eine
Agrargemeinschaft zu sein habe.

Die undifferenzierte Einbeziehung des Gemeindegutes in die Ordnung
agrargemeinschaftlicher Grundstücke scheint also nicht etwa deren
Regulierung oder Ablöse nach dem Muster des Gesetzes RGBl. 130/1853
herbeizuführen, sondern aus öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten
über ihren tatsächlichen Wert hinaus Anteile an der Substanz zu
machen. Es scheint daher, daß sie als sachlich nicht gerechtfertigte
Bevorzugung einzelner Gemeindebürger dem Gleichheitssatz
widerspricht.

Der Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken scheint §31 Abs2 litd
FlVG (§15 Abs2 litd FlV-GG) zu sein, weil sich aus dieser Bestimmung
der agrargemeinschaftliche Charakter des Gemeindegutes ergibt, der
seinerseits die Voraussetzung der Ordnung der wirtschaftlichen
Verhältnisse nach Maßgabe der übrigen Gesetzesbestimmungen bildet."

4. In den Gesetzesprüfungsverfahren haben die Bundesregierung und die
Vbg. Landesregierung Äußerungen erstattet. Im Hinblick auf die
grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen
Fragen hat der Gerichtshof es auch den anderen Landesregierungen
freigestellt, sich zu äußern. Von dieser Möglichkeit haben die
Landesregierungen von OÖ, Sbg. und Tirol sowie der Landesagrarsenat
beim Amt der Stmk. Landesregierung Gebrauch gemacht.

Die Bundesregierung beantragt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen
des FlV-GG nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Sie meint, daß
sich die Bedenken des VfGH an sich nur gegen die Teilungsvorschriften
richten, hält es aber auch für sachlich gerechtfertigt, daß im Zuge
einer Hauptteilung das ganze Gemeindegut in das Eigentum der
Nutzungsberechtigten (der von ihnen gebildeten Agrargemeinschaften)
übertragen wird, wenn die Gemeinde daraus nie einen Vorteil gezogen
hat.

Die Vbg. Landesregierung stellt in ihrer Äußerung an den VfGH keine
Anträge. Sie weist einleitend darauf hin, daß das Bild des
Gemeindegutes in den Bodenreformgesetzen ein anderes sei als jenes in
den Gemeindeordnungen:

"Betrachtet man die maßgebliche Bestimmung des §1 Abs1 litb des
Reichsrahmengesetzes, so folgt daraus, daß die
Bodenreformgesetzgebung offenbar davon ausging, daß die nach den
Bestimmungen der Gemeindeordnungen zur Verwaltung des Gemeindegutes
berufene Gemeinde nichts anderes als die Gemeinschaft der
Nutzungsberechtigten ist, und daß das Gemeindegut somit
gemeinschaftliches Eigentum der Nutzungsberechtigten und die
Nutzungsrechte in Wirklichkeit Ausfluß der Mitgliedschaft an dieser
Agrargemeinschaft darstellen. Danach lebte also die frühere
Realgemeinde im Rahmen der politischen Gemeinde weiter. Dieses Bild
von der Rechtsnatur des Gemeindegutes ergibt sich auch aus der
Rechtsprechung des Obersten Agrarsenates. So aus dem Erk. Zl.
139-OAS/65, wenn er meint, daran, daß es sich bei den
Gemeindegutnutzungsrechten um Rechte an eigener Sache handle, habe
sich durch die spätere Ausbildung der Personalgemeinde, die auch
hinsichtlich des Eigentums am Gemeindegut die Rechtsnachfolge nach
der alten Realgemeinde angetreten habe, nichts geändert. Der
Gesetzgeber habe nämlich dieser Entwicklung dadurch Rechnung
getragen, daß er eben den mit Nutzungsrechten ihrer Gemeindebürger
belasteten im Eigentum der Gemeinde stehenden Grundstücken kraft
Gesetz den Charakter eines Gemeindegutes zuerkannt habe, wenn er
schreibt: 'Das Gemeindegut gehört zu den agrargemeinschaftlichen
Grundstücken, an denen bestimmten Personen nämlich den
Gemeindebürgern - kraft ihrer Gemeindemitgliedschaft Anteilsrechte
(Nutzungsrechte) zustehen.' Die Bodenreformgesetzgebung hatte somit
gar nicht die Absicht, in den Zuständigkeitsbereich des
Gemeindegesetzgebers einzugreifen. Sie wollte sich mit dem Ergebnis
der Gemeindegesetzgebung, mit der ihrer Meinung nach durch die
Gemeindegesetzgebung aufrecht erhaltenen Agrargemeinschaft der
Realgemeinde, deren weiteren rechtlichen Bestand sie offenbar
losgelöst von den gemeinderechtlichen Bestimmungen im Privatrecht
begründet sah, befassen ... Dieses Bild von den
Gemeindenutzungsrechten steht in offenem Widerspruch zu jenem,
welches sich aus den Bestimmungen der Gemeindeordnungen und der hiezu
ergangenen Rechtsprechung des kk. VwGH ergibt."

Offenbar unter dem Eindruck des durch die Bodenreformgesetzgebung
geschaffenen Bildes über die Rechtsnatur der
Gemeindeguts-Nutzungsrechte habe der Vbg. Gemeindegesetzgeber
angenommen, daß für gemeinderechtliche Regelungen über das
Gemeindegut kein Platz mehr sei. Er habe deshalb solche Bestimmungen
im Hinblick auf das Inkrafttreten des VFlVG verzichtet.

Hievon ausgehend zieht die Vbg. Landesregierung zunächst die
Anwendbarkeit der in Prüfung gezogenen Vorschriften in Zweifel. Sie
nimmt an, daß das Flurverfassungsrecht dem Gemeindegut keine neue
Rechtsgrundlage geben wollte und daß sich im Gesetzestext - entgegen
der vorläufigen Annahme des VfGH - für eine Umwandlung der
öffentlich-rechtlichen Einrichtung in privatrechtliche Anteilsrechte
an einer Agrargemeinschaft kein Anhaltspunkt finden lasse (weil eben
die Bodenreformgesetzgebung die Nutzungsrechte bereits als
Mitgliedschaftsrechte an einer Agrargemeinschaft aufgefaßt habe).
Daher könne es seit dem Außerkrafttreten der einschlägigen
Bestimmungen der Vbg. Gemeindeordnung (mit dem 13. März 1951) in Vbg.
kein Gemeindegut und keine Gemeindegutsnutzungen mehr geben. Soweit
derzeit tatsächlich Nutzungen an ehemaligen Gemeindegutsgrundstücken
gezogen würden, handle es sich bloß um faktische Vorgänge. Die in
Prüfung gezogene Bestimmung könne daher in denkmöglicher Weise nicht
mehr angewendet werden.

Darüber hinaus falle die Regelung des Gemeindegutes und der
Gemeindegutsnutzungen jedenfalls ausschließlich in die Zuständigkeit
der Gemeindegesetzgebung.

Hingegen teilt die Vbg. Landesregierung die Bedenken des VfGH,

"... wonach die Verwandlung bloßer Nutzungsrechte an öffentlichen
Sachen, als was sich die Gemeindegutsnutzungsrechte nach den
Bestimmungen der Gemeindeordnung darstellen, in Anteilsrechte an der
Gemeinschaft und damit in eine Teilhabe an der Substanz, was aus
ihnen auf Grund der Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes - sei es
unmittelbar oder erst im Wege der Teilung - jedenfalls wird, als
sachlich nicht gerechtfertigte Bevorzugung einzelner Gemeindebürger
dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht ... Daß die Wertdifferenz
zwischen der Summe der Nutzungswerte und dem Substanzwert des
Grundstückes nach den gemeinderechtlichen Bestimmungen der Gemeinde
als Grundeigentümerin zukam, und zwar nicht nur theoretisch,
rechnerisch, sondern auch praktisch, dadurch, daß das Grundstück
tatsächlich einer höherwertigen Verwendung zugeführt werden konnte,
ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus dem §107 Abs1 und 2 der
Gemeindeordnung 1935 ...

Die Landesausführungsgesetze zum Reichsrahmengesetz aus 1883
betreffend die Teilung und Regulierung von Agrargemeinschaften hatten
diesem Umstand auch mehr oder weniger Rechnung getragen und als
Abgeltung für die nuda proprietas der Gemeinde ein besonderes
Anteilsrecht zuerkannt. Dieses betrug in Vbg. gemäß §48 Abs5 des
Teilungs- und Regulierungsgesetzes aus 1921 ein Zehntel des Wertes
der Liegenschaft. Das Gesetz betreffend Grundsätze für die
Flurverfassung, BGBl. Nr. 256/1932, schloß durch die Formulierung des
§23 Abs2 die Berücksichtigung der nuda proprietas bei der Bestimmung
des Anteilsrechts der Gemeinde aus."

Auch die Oö. Landesregierung teilt die Bedenken des VfGH und führt
dazu aus:

"Die Verwandlung bloßer Nutzungsrechte an öffentlichen Sachen, als
was sich die Gemeindegutnutzungsrechte nach den Bestimmungen der
Gemeindeordnung darstellen, in Anteilsrechte an der Gemeinschaft und
damit in eine Teilhabe an der Substanz, was aus ihnen auf Grund der
Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes wird, scheint als sachlich
nicht gerechtfertigte Bevorzugung einzelner Gemeindebürger dem
Gleichheitsgrundsatz zu widersprechen. Die Wertdifferenz zwischen der
Summe der Nutzungswerte und dem Substanzwert des Grundstückes kommt
nämlich nach den gemeinderechtlichen Bestimmungen der Gemeinde als
Grundeigentümerin zu. Darüber hinaus ist die Gemeinde als
Grundeigentümerin sogar berechtigt, das Grundstück einer
höherwertigen Verwendung zuzuführen ... Die Benachteiligung jener
Gemeindebürger, die nicht zu den Nutzungsberechtigten am Gemeindegut
gehören, durch die Umwandlung des Gemeindeguts von Eigentum der
Gemeinde in Eigentum der Nutzungsberechtigten scheint
offensichtlich."

Im übrigen hält die Oö. Landesregierung die grundsatzgesetzliche
Bestimmung auch aus kompetenzrechtlichen Gründen für
verfassungswidrig.

Die Sbg. Landesregierung verweist darauf, daß in Sbg. im Zuge der
Servitutenablösung Waldgrundstücke nicht an einzelne
Gemeindeinsassen, sondern (formell) nur an ganze Gemeinden abgetreten
wurden. Es handle sich aber nicht um Gemeinde-, sondern um
Gemeinschaftswälder, sodaß später das Eigentum den aus den
Nutzungsberechtigten gebildeten Agrargemeinschaften zugesprochen
worden sei. Das sei nicht gleichheitswidrig, weil die Grundflächen
als Ablösung für alte Nutzungsrechte aus dem Staatswald an die
Gemeinden abgetreten worden sei.

Die Tir. Landesregierung meint, daß aus den in Prüfung gezogenen
Gesetzesbestimmungen lediglich abzuleiten sei, daß Gemeindegut den
Bestimmungen über die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse unterliege, ein Feststellungsbescheid aber keinesfalls
die bestehenden Eigentums- und Nutzungsverhältnisse ändere; die
Bedenken des VfGH könnten sich daher gar nicht auf diese Bestimmungen
beziehen, sodaß hier die Präjudizialität zu verneinen sei. In der
Sache selbst führt die Tir. Landesregierung im wesentlichen folgendes
aus:

"Der Ursprung ist das deutschrechtliche genossenschaftliche Institut
der gemeinsamen Nutzung (Allmende), die den jeweiligen Eigentümern
berechtigter Höfe bzw. den Gemeindeangehörigen als
Allmendnutzungsberechtigten zustand. Für diese gemeinschaftliche
Nutzung haben sich eigene Gemeinschaften (Nachbarschaften, frühere
ursprünglich selbständige Gemeinden) herausgebildet, die auch bei der
Grundbuchsanlegung kraft ihres klar begrenzten Mitgliederkreises in
der Regel vom übrigen Gemeindegut getrennt behandelt wurden. Sie
gelten heute als Agrargemeinschaften. In vielen Gemeinden war jedoch
die Gemeinde als solche, nämlich die alte sogenannte 'Realgemeinde'
als Nutzungsgemeinschaft Zuordnungspunkt dieser Nutzung. Dafür wurde
dann der Begriff Gemeindegut verwendet ...

Bei der Grundbuchsanlegung wurde einmal die Gemeinde, dann wieder
eine Nachbarschaft, eine Fraktion, eine Interessentschaft, die
Katastralgemeinde oder die Berechtigten als Miteigentümer
eingetragen. Es lag allein im Gutdünken des zuständigen
Grundbuchsbeamten, welchen Ausdruck er verwendete. Da die
tatsächliche Nutzung weiterhin gemäß der alten Übung erfolgte, war es
für den Berechtigten in wirtschaftlicher Hinsicht gleichgültig, ob
seine Bedürfnisse an Holzbezugs- und Weidemöglichkeiten durch die
Mitgliedschaft zur Nachbarschaft, zu einer Interessentschaft oder
durch eine Gemeindegutsnutzung gedeckt wurde.

So gesehen zeigt sich, daß das Gemeindegut nur eine von mehreren
historischen Ausformungen der land- und forstwirtschaftlichen
Nutzungsrechte darstellt. Das muß berücksichtigt werden, wenn man die
heutigen bodenreformatorischen Regelungen unter dem Blickwinkel des
Gleichheitssatzes beurteilt. Die historischen Zufälligkeiten einer
rein tatsächlichen Vorgangsweise dürfen nicht einseitig gesehen
werden, weil dann das Gegenteil dessen erreicht werden würde, wozu
der Gleichheitssatz verpflichtet, nämlich gleichgelagerte
Verhältnisse auch rechtlich gleich zu behandeln. So gesehen scheinen
die in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmungen dem
Gleichheitssatz nicht zu widersprechen. Sie bedeuten insbesondere
nicht eine gleichheitswidrige Einbeziehung des Gemeindeguts in eine
auf bestehende agrarische Gemeinschaften abgestellte Regelung. Mit
diesem Vorwurf wird übersehen, daß die Gemeinde hinsichtlich des
Gemeindegutes eben nicht als (politische) Gemeinde auftritt, sondern
mangels einer eigenen rechtlichen Verfassung der Gesamtheit der
Nutzungsberechtigten eine Agrargemeinschaft ex lege bildet ...

In diesen Fällen ist die Gemeinde nicht als politische Gemeinde
'Eigentümerin', sondern sie ist als 'Erbin' der alten Realgemeinde
anzusehen und damit nicht als Gebietskörperschaft, sondern als
Rechtsnachfolger der alten genossenschaftlichen organisierten
Realgemeinde (heute als Agrargemeinschaft definiert). Nicht die
'undifferenzierte' Einbeziehung des Gemeindegutes in den Kreis der
agrargemeinschaftlichen Grundstücke - damit wird nach dem Dargelegten
Gleichartiges rechtlich gleich behandelt - verletzt mithin den
Gleichheitsgrundsatz; es würde vielmehr im Gegenteil die Herausnahme
des Gemeindegutes aus dem Kreis der agrargemeinschaftlichen
Grundstücke ebenso wie dessen gegenüber anderen
agrargemeinschaftlichen Grundstücken verschiedene rechtliche
Behandlung den Gleichheitssatz verletzen, weil dadurch die
Nutzungsberechtigten am Gemeindegut im Verhältnis zu den anderen
agrargemeinschaftlichen Nutzungsberechtigten ungleich behandelt
würden, obwohl Gleichartigkeit vorliegt."

Nach Auffassung des Landesagrarsenates beim Amt der Stmk.
Landesregierung verbietet eine verfassungskonforme Auslegung die
Annahme, die Feststellung des Eigentums am Gemeindegut könne eine
Eigentumsverschiebung bewirken. Ohne Änderung der
Eigentumsverhältnisse könne das Gemeindegut wohl einer Ordnung der
rechtlichen Verhältnisse zugeführt werden, nur eine Teilung sei
ausgeschlossen. Die Frage der schematischen Verwandlung bloßer
Nutzungsrechte an öffentlichen Sachen in Anteilsrechte an der
Gemeinschaft und damit in eine Teilhabe an der Substanz stelle sich
bei dieser Auslegung nicht.

II. Die Gesetzesprüfungsverfahren sind zulässig.

1. Die Anlaßbeschwerden sind zulässig. Das Verfahren hat nichts
ergeben, was den vorläufigen Annahmen des Einleitungsbeschlusses
widersprechen würde. Ob und in welchem Umfang es zur teilweisen
Zurückweisung einer Beschwerde kommt, ist hier nicht zu prüfen, weil
dieser Umstand auf die Zulässigkeit der Gesetzesprüfungsverfahren aus
Anlaß aller drei Beschwerdefälle nach Lage der Sache keinen Einfluß
hätte.

2. Daß der VfGH die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen bei der
Beurteilung der Anlaßbeschwerden anzuwenden hat, ist von der Vbg.
Landesregierung mit der Begründung in Zweifel gezogen worden, die
Gemeindeordnung kenne kein Gemeindegut mehr, sodaß auch eine
Anknüpfung bodenreformatorischer Maßnahmen an diese Einrichtung nicht
mehr denkbar sei.

Diese Auffassung der Landesregierung wird aber den Maßnahmen und der
Absicht des Vbg. Landesgesetzgebers nicht gerecht. Zwar enthält das
Vbg. Gemeinderecht keine selbständigen Bestimmungen über das
Gemeindegut mehr. Damit wurde das Gemeindegut in Vbg. aber nicht
beseitigt. Der Gemeindegesetzgeber hielt angesichts der Regelungen
des Flurverfassungsrechts lediglich eigene Regelungen für
überflüssig. Das kommt nicht nur in §91 Abs4 des Gemeindegesetzes,
LGBl. 45/1965, zum Ausdruck, der die Gemeinde verpflichtet,
Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftlichen Verhältnisse noch
nicht nach den Bestimmungen des II. Hauptstückes des VFlVG geordnet
sind, vorläufig nach den Bestimmungen des VFlVG weiter zu verwalten.
Auch der von der Vbg. Landesregierung selbst zitierte Motivenbericht
der Regierungsvorlage zu diesem Gesetz bemerkt ausdrücklich, daß die
rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der
agrargemeinschaftlich genutzten Grundstücke im VFlVG 1951 geregelt
seien und die das Gemeindegut betreffenden Bestimmungen der
Gemeindeordnungen daher gemäß §102 Abs3 der Gemeindeordnung 1935 mit
dem Wirksamwerden des VFlVG außer Kraft getreten seien. Gibt es aber
in Vbg. weiterhin Gemeindegut, so sind die in Prüfung gezogenen (auf
Gemeindegut bezugnehmenden) Vorschriften anzuwenden, was immer dann
im einzelnen unter Gemeindegut iS des Flurverfassungsrechtes zu
verstehen sein mag.

3. Entgegen der Auffassung der Tir. Landesregierung ist es für die
Frage der Anwendbarkeit auch gleichgültig, ob die
Verfassungswidrigkeit einer Norm im Anlaßverfahren überhaupt zum
Tragen kommt (vgl. auch dazu VfSlg. 8533/1979 und 8806/1980). Die
Umstände des Anlaßfalles mögen allenfalls faktische Bedeutung für den
Umstand haben, ob gegen die Norm Bedenken entstehen. Sind sie aber -
aus welchen Gründen immer - entstanden, so löst allein die
Anwendbarkeit der Norm die Pflicht des VfGH aus, ihre
Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

4. Zu klären ist aber noch die im Verfahren aufgeworfene Frage, ob
sich die vom VfGH geäußerten Bedenken tatsächlich gegen die in
Prüfung gezogenen Vorschriften wenden. So meint die Bundesregierung,
die Bedenken beträfen ausschließlich die Vorschriften über die
Teilung des Gemeindegutes, und die Tir. Landesregierung sieht die vom
VfGH unterstellte Änderung der Eigentumsverhältnisse allenfalls mit
den die Teilungs- oder Regulierungsverfahren abschließenden
Bescheiden eintreten.

Auch diese Zweifel sind indessen nicht begründet. Die Regelung des
Anwendungsbereiches einer gesetzlichen Bestimmung oder eines ganzen
Komplexes gesetzlicher Bestimmungen kann nämlich niemals für sich
allein betrachtet werden. Sie erhält ihren Sinn vielmehr aus dem
Inhalt jener Bestimmungen, deren Anwendungsbereich sie regelt. Ist
dieser Inhalt nur für einen Teil des Anwendungsbereiches
verfassungsrechtlich bedenklich, so kann man vom Anwendungsbereich
ausgehen und den Fehler dem Inhalt der Regelung anlasten, man kann
aber auch die Regelung hinnehmen und den Fehler in der Umschreibung
des Anwendungsbereiches sehen. Denn die Bedenken ergeben sich in
solchen Fällen weder aus dem bloßen Inhalt der Regelung noch aus dem
Anwendungsbereich des Gesetzes, sondern erst aus der Zusammenschau
der beiden miteinander verknüpften Normbereiche. Da der Fehler an
beiden Stellen behoben werden kann (indem entweder die Regelung an
die Besonderheiten der kritischen Fallgruppe angepaßt oder der
Anwendungsbereich verändert wird), treffen solche Bedenken jeden der
beiden Normbereiche.

Im vorliegenden Fall geht es bei den in Prüfung gezogenen
Vorschriften um die (häufig in einem gesonderten Abschnitt des
Agrarverfahrens zu klärende) Frage, welche Grundstücke der Ordnung
der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse iS des
Flurverfassungsrechts unterliegen. Ist es verfassungsrechtlich
unzulässig, Gemeindegut dieser Ordnung nach den gleichen Maßstäben zu
unterziehen wie andere agrargemeinschaftliche Grundstücke, so ist die
Vorschrift, die solches anordnet, verfassungswidrig. An dieser
Beurteilung kann auch der Umstand nichts ändern, daß nur einzelne der
angeordneten Maßnahmen verfassungsrechtlich unzulässig, andere jedoch
unbedenklich sind. Da nämlich die in Rede stehende Norm sämtliche
vorgesehenen Maßnahmen für anwendbar erklärt, haftet ihr auch in
diesem Fall ein verfassungsrechtlicher Mangel an. Anders wäre es nur,
wenn der Inhalt der Regelung in sprachlicher Hinsicht eine Trennung
des unzulässigen Teils vom zulässigen ermöglichen würde, was hier
aber offenkundig nicht der Fall ist.

Nun gehen die Bedenken des Gerichtshofes im vorliegenden Fall dahin,
daß die im entscheidenden Punkt undifferenzierte Einbeziehung des
Gemeindegutes in die Ordnung agrargemeinschaftlicher Verhältnisse,
die das Flurverfassungsrecht vornimmt, zu einer sachlich nicht
gerechtfertigten Bevorzugung einzelner Gemeindeglieder führt und
daher dem Gleichheitssatz widerspricht. Wenn diese Bedenken
zutreffen, ist die Verfassungswidrigkeit auch den in Prüfung
gezogenen Vorschriften anzulasten; sie führt dann aus
prozeßtechnischen Gründen zu deren Aufhebung und damit freilich auch
zur Beseitigung möglicherweise unbedenklicher Rechtsfolgen. Wohl
könnte der Eingriff des Gerichtshofes in das Normengefüge weniger
schwer und doch ausreichend sein, wenn er nur jene Vorschriften
aufzuheben hätte, deren Anpassung an die Besonderheiten des
Gemeindegutes verfassungsrechtlich erforderlich wäre. Der Gegenstand
der Prüfung hängt aber insoweit immer vom Gegenstand des beim
Gerichtshof gerade anhängigen Verfahrens ab, denn der Gerichtshof
kann nur jene Norm prüfen, die er im Anlaßfall anzuwenden hat.

Die Bedenken des Gerichtshofs betreffen daher in der Tat die in
Prüfung gezogenen Bestimmungen. Auch in dieser Richtung liegt also
kein Prozeßhindernis vor.

III. Die im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken sind auch
begründet. Die in Prüfung gezogenen Vorschriften verstoßen gegen den
Gleichheitssatz.

1. Unter dem Gemeindegut (Ortschaftsgut, Fraktionsgut), das §15 Abs2
litd FlV-GG und §31 Abs2 litd VFlVG zu den agrargemeinschaftlichen
Grundstücken zählen und der Ordnung der rechtlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse nach Maßgabe des Gesetzes unterwerfen,
ist jene Erscheinung zu verstehen, die in den früheren
Gemeindeordnungen im Rahmen des Reichsgemeindegesetzes 1862 und den
nachfolgenden Gemeindegesetzen geregelt war (vgl. dazu für Vbg.
VfSlg. 384/1925 und VfSlg. 2308/1952) und im geltenden Vbg.
Gemeinderecht noch als bestehend festgehalten wird. Das ergibt sich
nicht nur aus dem durch die Gemeindeordnungen geprägten Ausdruck
"Gemeindegut", sondern auch aus dem Hinweis auf die Bestimmungen der
Gemeindeordnungen im Grundsatzgesetz, der im Ausführungsgesetz
offenkundig nur deshalb unterblieben ist, weil die Vbg.
Gemeindeordnung zur Zeit seiner Erlassung im Hinblick auf eben diese
flurverfassungsrechtliche Regelung besondere Bestimmungen nicht mehr
enthielt. Demgemäß hat der VfGH bereits in den Erk. VfSlg. 4229/1962
und 5666/1968 klargestellt, daß unter Gemeindegut iS des
Flurverfassungsrechts jenes zu verstehen ist, dessen Rechtsgrundlage
ausschließlich die Gemeindeordnungen waren.

Das Gemeindegut wird in beiden zu prüfenden Bestimmungen neben den
(in der jeweiligen litc bezogenen) Grundstücken genannt, die in
Ausführung der Gesetze über die Regulierung und Ablösung der
Servituten (statt den Servitutsberechtigten als Einzeleigentümern)
einer Gemeinde (Ortschaft) oder einer Gesamtheit von Berechtigten zu
gemeinsamer Nutzung und gemeinsamen Besitz abgetreten worden sind.
Entgegen der Auffassung der Sbg. Landesregierung ist daher die von
ihr beschriebene und nicht nur in Sbg. aufgetretene, aber in den
Anlaßfällen dieses Gesetzesprüfungsverfahrens jedenfalls auch nicht
vorliegende Erscheinung, daß "die Gemeinde" nur die Bezeichnung für
die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer ist, nicht von den in
Prüfung stehenden, sondern von anderen Bestimmungen des
Flurverfassungsrechts erfaßt, sodaß sich aus der Eigenart jener
Erscheinung nichts für den Inhalt dieser Gesetzesbestimmungen ergibt.

Das Gemeindegut iS der Gemeindeordnungen ist aber - und hierin ist
der VfGH insbesondere auch mit der Vbg. Landesregierung einig - nicht
nur formell der Gemeinde zugeordnet, sondern auch in materieller
Hinsicht Eigentum der Gemeinde und nur insofern beschränkt, als es
mit bestimmten öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten einiger oder
aller Gemeindeglieder belastet ist, sodaß die Substanz und also auch
der Substanzwert und ein allfälliger Überschuß der Nutzungen der
Gemeinde als solcher zugeordnet bleiben.

Die der Äußerung der Tir. Landesregierung zugrundeliegende Ansicht,
die Gemeinde fungiere (auch) in diesen Fällen gleichsam nur als
Vertreter oder Treuhänder der Nutzungsberechtigten und diese - die
Mitglieder der alten Realgemeinde oder die von ihnen gebildete
Gemeinschaft - seien die wahren (materiellen) Eigentümer des
Gemeindegutes, findet in der tatsächlichen Entwicklung des
Gemeinderechts keine Stütze. Es ist einzuräumen, daß im Zuge der
Überleitung des alten Gemeindegutes in die neue Gemeindeverfassung
nach 1848 aus dem Eigentum der alten Realgemeinde häufig Eigentum der
Nutzungsberechtigten entstanden ist (dieser Umstand wird in der
Literatur immer wieder näher beschrieben und belegt, vgl. vor allem
Walter Schiff, Österreichs Agrarpolitik seit der Grundentlastung,
1898, 164 ff., Oesterreichisches Staatswörterbuch, 2. Auflage, I,
1905, 75 f., sowie Otto Bauer, Der Kampf um Wald und Weide, 1925,
113 ff.; aber auch Stephan v. Falser, Wald und Weide im tirolischen
Grundbuch, 1. Auflage, 1896, 23 ff., und Eberhard W. Lang, Die
Teilwaldrechte in Tir., 1978, 78 ff.). Es mag dahingestellt bleiben,
ob diese Vorgänge den damals geltenden Vorschriften entsprochen
haben. Was nämlich zum Gemeindegut iS der nach dem
Reichsgemeindegesetz 1862 erlassenen Gemeindeordnungen geworden ist,
wurde damit - bei allem Vorbehalt überkommener Nutzungsrechte -
wahres Eigentum der neuen (politischen) Gemeinde, die übrigens auch
verschiedene Lasten übernommen hatte, von denen früher die
Realgemeinde betroffen gewesen war. So sprach schon §74 des
Provisorischen Gemeindegesetzes 1849 ausdrücklich davon, daß "... das
Gemeindevermögen und Gemeindegut Eigentum der Gemeinde als
moralischer Person, und nicht der jeweiligen Gemeindeglieder
ist, ...", und die gleiche Konzeption liegt der im
Einleitungsbeschluß hervorgehobenen Systematik und den einzelnen
Regelungen der im Rahmen des Reichsgemeindegesetzes erlassenen
Gemeindeordnungen zugrunde (vgl. auch VfSlg. 1383/1931,
4229/1962 S 352 und 5666/1968 S 59). Ganz deutlich wird die
Beschränkung der Nutzungsberechtigten auf die widmungsgemäße Nutzung
und die Zuordnung des bei widmungsfremder Verwendung zutage tretenden
Substanzwerts an die Gemeinde auch in der von der Vbg.
Landesregierung ins Treffen geführten Bestimmung des §107 Abs1 und 2
der Vbg. Gemeindeordnung 1935:

"(1) Die Gemeinde kann das Nutzungsrecht auf zum Gemeindegut gehörige
Liegenschaften aufheben, wenn wichtige Gründe die Zuführung dieser
Liegenschaften zu einem anderen Zwecke erfordern, wie z.B. für
Bauzwecke, Umwandlung in eine volkswirtschaftlich höhere, der Art des
Nutzungsrechtes nicht entsprechende Kulturgattung.

(2) In diesen Fällen hat die Gemeinde eine andere gleichwertige
Liegenschaft für das Gemeindegut zu widmen. Eine Ablösung in Geld ist
unstatthaft, soweit nicht besondere gesetzliche Bestimmungen es
zulassen."

Die gegenteilige Auffassung würde nicht nur unterstellen, daß die
Gemeinde unter Umständen durch Generationen bloße (unentgeltliche)
Verwalterin fremden Vermögens gewesen ist, sondern auch der ständigen
Rechtsprechung des VwGH widersprechen, der stets die Maßgeblichkeit
der Gemeindeorgane gegenüber der Selbstverwaltung der
Nutzungsberechtigten hervorgehoben und die Verfügungsmacht der
Gemeinde betont hat (Slg. Budw. 6762, 7302, 7608, 8118) und noch in
einem Erk. aus 1954 die Eingrenzung des Rechts am Gemeindegut auf den
Kreis der Nutzungsberechtigten als den Versuch einer juristischen
Konstruktion bezeichnet, die im Gesetz keinerlei Deckung finde
(VwSlg. 3560 A/1954).

2. Der VfGH ist mit der Vbg. Landesregierung aber auch der Meinung,
daß das Bild des Gemeindegutes, das den Bodenreformgesetzen zugrunde
liegt, ein völlig anderes ist. Grundsatzgesetz wie Ausführungsgesetz
behandeln das Gemeindegut im Ergebnis wie eine einfache
agrargemeinschaftliche Liegenschaft, die im Eigentum der
Nutzungsberechtigten (oder der von ihnen gebildeten Gemeinschaft)
steht. Dieses - im gemeinderechtlichen Befund nicht gedeckte - Bild
der Bodenreformgesetze ist es, von dem auch die Tir. Landesregierung
in ihrer Äußerung ausgeht; sie verkennt dabei allerdings, daß man bei
diesem Bild nicht haltmachen darf, sondern auf die Regelungen des
Gemeinderechtes zurückgreifen und die Auswirkung der mangelnden
Übereinstimmung untersuchen muß.

Abzuleiten ist das Bild des Gemeindegutes, das sich der
Bodenreformgesetzgeber gemacht hat, dem Zusammenhang der
flurverfassungsrechtlichen Regelungen. Im Rahmen der Vorschriften
über die Regulierung und Teilung sieht §22 Abs1 FlV-GG vor, daß jeder
Teilgenosse nach dem festgestellten Wert seines Anteiles an den
agrargemeinschaftlichen Grundstücken Anspruch auf vollen Gegenwert
tunlichst in Grund und Boden hat. Sodann bestimmt Abs2:

"Der Gemeinde steht neben dem ihr etwa nach Abs1 zustehenden Anspruch
ein Anteilsrecht an dem agrargemeinschaftlichen Besitz auch dann zu,
wenn sie in den öffentlichen Büchern als Eigentümerin dieses Besitzes
eingetragen ist oder wenn die Gemeinde für diesen Besitz die Steuern
aus ihren Mitteln trägt. Dieses Anteilsrecht gebührt der Gemeinde
aber nur dann, wenn sie über eine ihr etwa nach Abs1 zustehende
Berechtigung hinaus an der Benutzung teilgenommen hat, und wird mit
einem Fünftel des Wertes des agrargemeinschaftlichen Besitzes
bestimmt, insoweit nicht die Landesgesetzgebung eine höhere
Anteilsberechtigung bis zur Höchstgrenze der tatsächlichen
durchschnittlichen Benutzung durch die Gemeinde vorsieht."

Bei der Regulierung hat nach §23 FlV-GG jede Partei Anspruch auf die
wirtschaftlich zulässigen Nutzungen nach Verhältnis des
festgestellten Anteilsrechts. Hiebei gelten nach Abs3 für das
Anteilsrecht der Gemeinde die Bestimmungen des §22.

Ähnliche Bestimmungen enthält (wie schon im Einleitungsbeschluß
dargelegt wurde) das VFlVG (§§46 Abs2 und 57 Abs2 lita).

Wenn in diesen Bestimmungen die Rechtsstellung der Gemeinde
hervorgehoben wird, müssen sie jedenfalls auch für das Gemeindegut
gelten. Sie zeigen, daß die Bemessung der Anteile zum Zweck der
Teilung auch hier in gleicher Weise erfolgt wie zum Zweck der
Regulierung. Die Annahme des Landesagrarsenats beim Amt der Stmk.
Landesregierung, die Flurverfassungsgesetze könnten
verfassungskonform so ausgelegt werden, daß eine Teilung des
Gemeindegutes ausgeschlossen sei, widerspricht sowohl dem klaren
Wortlaut wie auch dem offenkundigen Sinn dieser Bestimmungen. Die
Rechtslage ist hier anders als im Falle des Erk. VfSlg. 4229/1962, wo
das Oö. Teilungs- und Regulierungsgesetz, LGBl. 36/1909, in seinem §5
Abs5 ausdrücklich bestimmte, daß das Gemeindegut nach Maßgabe der
Bestimmungen dieses Gesetzes wohl der Regulierung der Benutzungs- und
Verwaltungsrechte, nicht jedoch der Teilung unterzogen werden dürfe.
Ein verfassungsrechtliches Hindernis, das dem Bodenreformgesetzgeber
die Teilung des Gemeindegutes schlechthin untersagen würde, ist auch
gar nicht erkennbar. Wird der auf die Gemeinde fallende Wertanteil
ebenso in Grund und Boden abgegolten wie die Nutzungsrechte, so steht
das Eigentum der Gemeinde einer Teilung ebensowenig entgegen wie
sonst Privateigentum den bodenreformatorischen Maßnahmen. Art5 StGG
läßt dem Gesetzgeber in dieser Hinsicht einen großen Spielraum
rechtspolitischer Entscheidungsfreiheit.

Setzt man aber voraus, daß der Gesetzgeber schon im Hinblick auf die
Teilungsmöglichkeit jeder Partei einen Anteil am Gemeindegut
zugebilligt hat, die er - ohne Unterscheidung ihrer formalen
Stellung - als materiell an der Liegenschaft beteiligt ansieht, so
folgt aus den genannten Vorschriften zwingend, daß nach der
Vorstellung des Bodenreformgesetzgebers der Gemeinde ein materieller
Anteil am Gemeindegut eben nur dann zukommt, wenn sie auch an der
(widmungsgemäßen) Nutzung teilgenommen hat. Was sich also äußerlich
als Sondervorschrift für die Gemeinden (und daher insbesondere für
das Gemeindegut) gibt, gewährleistet in Wahrheit, daß die Gemeinde
nur mit ihren (widmungsmäßigen) Nutzungen zum Zuge kommt, nicht mit
ihrem (alleinigen) Recht an der Substanz. Mit dieser Schlußfolgerung
stimmt es dann vollkommen überein, wenn das Gemeindegut
agrargemeinschaftlichen Grundstücken einfach gleichgehalten wird (§15
Abs2 FlV-GG, §31 Abs2 VFlVG). Denn wo das Grundstück selbst den
Nutzungsberechtigten (oder der von ihnen gebildeten Gemeinschaft)
zusteht, bestimmen sich die Anteile erst recht in jeder Beziehung
nach dem Verhältnis der Werte der jeweiligen Nutzungen. Demgegenüber
ist an der schon im Einleitungsbeschluß geäußerten und von den
Landesregierungen geteilten Meinung festzuhalten, daß die Summe der
widmungsmäßigen (land- oder forstwirtschaftlichen) Nutzungen
keineswegs immer den Wert der Substanz ausschöpft, sondern unter
Umständen sogar sehr erheblich hinter diesem Wert zurückbleibt, sodaß
bei Außerachtlassung des Unterschiedes der Gemeinde ein wesentlicher
Vermögenswert verlorengeht.

Das Flurverfassungsrecht knüpft also wohl formell an den Begriff des
Gemeindegutes iS der Gemeindeordnungen an, der das Eigentum der
Gemeinde voraussetzt. Indem es aber das Gemeindegut ohne
Berücksichtigung dieses Umstandes in die Ordnung der Verhältnisse an
agrargemeinschaftlichen Grundstücken einbezieht, die zwangsläufig auf
das Verhältnis der Nutzungen abstellt, vernachlässigt es den der
Gemeinde zugeordneten Substanzwert. Ob diese Abweichung von der
Gestalt des Gemeindegutes nach den Regelungen des Gemeinderechts dem
Bodenreformgesetzgeber bewußt war oder nicht, kann im vorliegenden
Zusammenhang dahinstehen. Auch wenn nichts dafür spricht, daß die
Beteiligungsverhältnisse am Gemeindegut - abgesehen von den Folgen
einer allfälligen Teilung als solcher - durch agrarbehördliche
Entscheidungen in größerem Maße geändert werden sollten, muß die
Anwendung dieses Gesetzes doch zu Ergebnissen führen - und hat im
vorliegenden Feststellungsverfahren auch zu Ergebnissen geführt -,
die ganz andere Eigentumsverhältnisse unterstellen. Denn das vom
Gesetzgeber ins Auge gefaßte Ergebnis einer solchen Teilung ist nur
erzielbar, wenn vom Eigentum der Gemeinde an der Substanz des
Gemeindegutes ganz abgesehen wird.

3. Führt die Einbeziehung des Gemeindegutes in die Ordnung der
Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken aber tendenziell
dazu, daß die Gemeinde die Substanz des Gemeindegutes zur Gänze an
die Nutzungsberechtigten verliert, so bewirkt sie eine durch nichts
gerechtfertigte Bevorzugung der Nutzungsberechtigten gegenüber der
(auch) die übrigen Gemeindeangehörigen repräsentierenden Gemeinde.

Die Bundesregierung meint den aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten
verfassungsrechtlichen Bedenken folgendes entgegenhalten zu können:

"Die Hauptteilung ist ihrem Wesen nach nichts anderes als die
entgeltliche Aufhebung der die Freiheit des Eigentums der Gemeinde
beschränkenden Nutzungsrechte. Die Nutzungsrechte werden - wie es bei
Eigentumsbelastungen immer wieder vorkommt - aufgehoben und den
Nutzungsberechtigten wird dafür als Entschädigung eine Teilfläche aus
dem ehemaligen Gemeindegut ins Eigentum übertragen.

Beurteilt man die Hauptteilung als eine entgeltliche Aufhebung der
Nutzungsrechte, dann stellt sich die Frage nach einem evtl.
Miteigentum zwischen Gemeinde und Nutzungsberechtigten bzw. nach der
Diskrepanz zwischen Anteil an den Nutzungen und Anteil an der
Substanz überhaupt nicht. Denn bei dieser Auseinandersetzung sind die
das Gemeindegut bildenden Grundstücke gemäß §47 Abs1; §11 Abs1 bis 3
FlVG - einvernehmlich durch die Parteien oder von Amts wegen - nach
ihrer Ertragsfähigkeit zu bewerten. Da auch die aufzuhebenden
Nutzungsansprüche der Gemeindemitglieder am Ertrag des Gemeindegutes
orientiert sind, weil sie ja Anspruch auf einen bestimmten Teil
dieses Ertrages gewähren, und die den Nutzungsberechtigten
zuzuweisenden Teilfläche wirtschaftlich dazu bestimmt ist, mit ihrem
Ertrag die bisherigen Nutzungsansprüche aus dem Gemeindegut zu
decken, besteht keine Diskrepanz zwischen Anteil an der Nutzung und
einem sogenannten Anteil an der Substanz.

Daraus folgt aber weiter:

Stehen der Gemeinde keine Nutzungen aus dem Gemeindegut zu, d.h.
fällt der Ertrag des Gemeindegutes zur Gänze an die
Nutzungsberechtigten, dann hat die Gemeinde aus dem Gemeindegut nie
einen Vorteil gezogen. Es erscheint damit sachlich gerechtfertigt,
das ganze Gemeindegut in das Eigentum der Nutzungsberechtigten
(Agrargemeinschaft) zu übertragen."

Diese Darstellung geht an den Bedenken des Gerichtshofes vorbei. Sie
ist nicht geeignet, die Annahme zu widerlegen, daß dem aus dem
Eigentum am Gemeindegut fließenden Recht an der Substanz ein
selbständiges Gewicht zukommt. Dieses Gewicht mag nach Ort und Zeit
verschieden sein und durch die Entwicklung der Siedlungsräume und
Bodennutzungen erst in jüngster Zeit stärker zugenommen haben. Auf
die Gefahr der Vernachlässigung des Substanzwertes hat die Literatur
aber schon vor der Jahrhundertwende nachdrücklich aufmerksam gemacht.
So führt etwa Schiff (Österreichs Agrarpolitik, 286 f.) - freilich
ohne Heranziehung des damals noch nicht auf den Gesetzgeber bezogenen
Gleichheitssatzes nur in einer rechtspolitischen Erwägung - folgendes
aus:

"Die Frage, die noch offen bleibt, geht vielmehr dahin, wie das bloße
Eigentumsrecht, die nuda proprietas der Gemeinde am Gemeindegut, bei
der Auseinandersetzung mit den nutzungsberechtigten Bauern in
Anrechnung gebracht wird, also in welcher Weise z.B. ein Grundstück
geteilt werden müsste, an dem die Gemeinde bloß das Eigentumsrecht
hat, während die ganzen Nutzungen den Gemeindemitgliedern ohne jedes
Entgelt zustehen.

Nur in Niederösterreich und Schlesien finden wir auf diese wichtige
Frage eine klare Antwort. Die Gemeinde wird hier auch dann unter die
Teilgenossen gerechnet, wenn sie sich weder im Besitze der
Liegenschaft befindet, noch auch im thatsächlichen Bezuge von
Ertragsüberschüssen über die Ansprüche der Nutzungsberechtigten
steht, sondern wenn sie nur entweder als Eigentümer intabuliert ist,
oder beim Fehlen einer Grundbuchseinlage die Grundsteuer zu zahlen
hat (§20).

Wo nun die Gemeinde lediglich kraft ihres Eigentumes als Beteiligte
auftritt, dort ist ihr Anteilsrecht dem Unterschiede zwischen dem
bloßen Nutzungseigentume und dem freien Eigentume an diesen
Grundstücken gleichzuhalten. Insofern nicht besondere Umstände ein
anderes Verhältnis begründen, ist dieses Anteilsrecht der Gemeinde
gleich dem 4. Teil der bezüglich derselben Grundstücke festgestellten
Anteilsrechte zu berechnen (§71). Der Gemeinde hat demnach bloß für
ihre nuda proprietas der 5. Teil des Gemeindegutes zuzufallen.

Daß eine Vorschrift dieser Art zweckmäßig, ja direkt notwendig ist,
leuchtet ein. Wenn auch momentan der ganze Ertrag des Gemeindegutes
von den Nutzungsrechten absorbiert wird, so kann sich dies in Zukunft
sehr ändern, da der Gemeinde die Anwartschaft auf freiwerdende
Nutzungsrechte zusteht: wenn der Ertrag den Haus- und Gutsbedarf der
Berechtigten übersteigt, - sei es durch Verbesserungen auf dem Gute,
sei es durch Aenderungen des Wirtschaftsbetriebes der Berechtigten, -
so kommt der Ueberfluss in die Gemeindekasse. Auch die nuda
proprietas ist eben nicht ganz wertlos; ob sie gerade mit 1/5 des
Gutswertes zu bemessen sei, muß dahin gestellt bleiben; eine gewisse
Willkürlichkeit läßt sich in solchen Fragen nun einmal nicht
vermeiden.

In den anderen Ländern sind dagegen die gesetzlichen Bestimmungen in
der uns beschäftigenden Frage höchst unklar und wahren keineswegs in
demselben Maße die Interessen der grundbesitzenden Gemeinde.

Diese wird zunächst nur dann als Teilgenosse behandelt, wenn sie
entweder im Besitze der Liegenschaft oder im Bezuge von
Ertragsüberschüssen ist. Der Besitz wird nun meist schwer nachweisbar
sein - ob bloßer Tabularbesitz genügt, ist sehr zweifelhaft - und
Ertragsüberschüsse brauchen zur Zeit der Provokation nicht vorhanden
zu sein. Aber selbst wenn einer der beiden Fälle vorliegen sollte,
ist nicht einzusehen, in welcher Weise das Eigentum der Gemeinde bei
der Feststellung der Anteile und der Abfindungsgrundstücke in
Anrechnung gebracht werden solle. Denn es finden sich über die
Feststellung der Anteilsrechte nur die folgenden Bestimmungen: 'Bei
der Teilung hat jeder Teilgenosse nach Massgabe des ... Wertes seines
Anteiles an den gemeinschaftlichen Grundstücken ... Anspruch auf
Abfindung ...' (§18 des mährischen Gesetzes). 'In Betreff der
Feststellung der Anteilsrechte der einzelnen Teilgenossen ... ist das
Verhältnis der Teilnahme nach den durchschnittlichen Ergebnissen der
thatsächlichen Ausübung der Nutzungsrechte ... festzustellen' (§39
daselbst). Hienach hat es fast den Anschein, als ob bei einer
Auseinandersetzung zwischen der grundbesitzenden Gemeinde und den
alle Erträgnisse beziehenden Nutzungsberechtigten die Teilung darin
zu bestehen hätte, dass das Eigentum ohne jedes Entgelt der Gemeinde
genommen und der agrarischen Gemeinschaft zugewendet wird; denn von
einem Nutzungsrechte der Gemeinde kann man ja in solchen Fällen nicht
sprechen, und die Ausübung der Nutzungsrechte soll doch der Teilung
zugrunde gelegt werden!

Wenn hier die Gesetzgebung nicht eingreift und dieser Auffassung
durch eine Bestimmung vorbeugt, welche der im niederösterreichischen
Landesgesetze enthaltenen analog ist, so besteht die dringende
Gefahr, dass die Rustikalisten gerade die Teilungsgesetze als ein
neues Mittel benützen werden, um sich das Eigentum am Gemeindegute zu
verschaffen. Das schon seit Jahrzehnten fortschreitende, durch unsere
mangelhafte Justiz- und Gemeindegesetzgebung begünstigte Schwinden
des Gemeindegutes und der Uebergang des letzteren in die Hände des
Nutzungsberechtigten würde dadurch einen neuen Anstoss erhalten."

Ob freilich eine schematische Regelung dieser Frage angesichts der
möglichen Großenordnung, in welcher der Wert der land- und
forstwirtschaftlichen Nutzungen von dem durch andere
Nutzungsmöglichkeiten mit bestimmten Wert der Liegenschaft inzwischen
(etwa im Hinblick auf die Jagd oder auf eine mögliche Baulandwidmung)
abweichen kann, heute noch sachlich wäre, muß hier dahinstehen.
Jedenfalls ist die mit einer unveränderten Anwendung der an
Agrargemeinschaften orientierten Regelung der Flurverfassungsgesetze
auf Liegenschaften des Gemeindegutes verbundene völlige
Vernachlässigung dieses Unterschiedes mit dem Gleichheitssatz ganz
offenkundig unvereinbar.

Ein solches Ergebnis wird aber (auch) durch §15 Abs2 litd FlV-GG und
§31 Abs2 litd VFlVG herbeigeführt. Diese Bestimmungen sind daher
verfassungswidrig.

Zu den im Verfahren von den Landesregierungen von Vbg. und OÖ
geäußerten Zweifeln an der Zuständigkeit des Bodenreformgesetzgebers
zur Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des
Gemeindegutes sei bemerkt, daß der Gerichtshof solche Bedenken im
Einleitungsbeschluß nicht geäußert hat und daher das vorliegende
Verfahren keine Gelegenheit bietet, sich mit ihnen
auseinanderzusetzen. Die (vorläufige) Annahme des Gerichtshofes, das
Gemeindegut sei der Bodenreform ebenso unterworfen wie jedes andere
Grundeigentum, bedeutet allerdings nicht, daß dem Gemeindegesetzgeber
in seinem Zuständigkeitsbereich Regelungen über das Gemeindegut
überhaupt versagt wären.

4. Das VFlVG wurde mit Nov. LGBl. 51/1978 in einigen Punkten
abgeändert. Von diesen Änderungen ist weder der Wortlaut des in
Prüfung gezogenen §31 betroffen noch das für seine
verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Grundkonzept des
Gesetzes berührt worden (zwar kann nun der Anteil der Gemeinde iS der
§§46 Abs2 und 57 Abs2 unter gewissen Umständen mehr als 20 vH
betragen, die Voraussetzung der Teilnahme an der Benutzung des
agrargemeinschaftlichen Besitzes und deren Maßgeblichkeit für das
Ausmaß der Teilhabe ist aber - dem Grundsatzgesetz entsprechend -
aufrecht geblieben).

Gleichwohl ist die in Prüfung gezogene Bestimmung des VflVG seit der
Neukundmachung dieses Gesetzes durch die Landesregierung,
LGBl. 2/1979, formell auf Grund dieser neuen Kundmachung in Geltung.
Diese stellt aber keinen neuen Gesetzgebungsakt dar. Sie hat an der
Identität der geprüften Norm nichts geändert (vgl. VfGH 22. 10. 1981
G48/81, V20/81). Daher ist die geprüfte Bestimmung aufzuheben und
nur in ihrer Bezeichnung auf diese Neukundmachung Bezug zu nehmen.

Die Frist für das Inkrafttreten der Aufhebung des Ausführungsgesetzes
(Art140 Abs5 B-VG) hält der VfGH für erforderlich, weil das
Gemeindegut sonst angesichts der Zurückhaltung des Vbg.
Gemeindegesetzes jeglicher Rechtsgrundlage für laufende
Verwaltungsmaßnahmen entbehren würde. Für das Grundsatzgesetz stellt
sich das Problem jedoch mangels unmittelbarer Anwendbarkeit nicht.

Die Aussprüche über die Kundmachung stützen sich auf Art140 Abs5, die
Aussprüche über das Wirksamwerden früherer gesetzlicher Bestimmungen
auf Art140 Abs6 B-VG.

Zu G83, 84/81

I. Das Tir. Flurverfassungslandesgesetz, Anlage zur Kundmachung der
Landesregierung vom 15. Juli 1969, LGBl. Nr. 34 (TFlVG), umschreibt
den dem §15 Abs2 litd FlVG-GG entsprechenden Tatbestand in §32 Abs2
so:

"c) Das einer gemeinschaftlichen Benutzung nach den Bestimmungen der
Gemeindeordnung unterliegende Gemeindegut bzw. ehemalige Ortschafts-
oder Fraktionsgut;"

In der lita des §32 Abs2 wiederholt das TFlVG wörtlich §15 Abs1 lita
des FlVG-GG, wonach zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken
unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung (auch)
solche zu zählen sind, die einer gemeinschaftlichen Benutzung (Abs1)
früher unterlagen, inzwischen aber infolge physischer Teilung in
Einzelbesitz übergegangen sind, wenn die Teilung in den öffentlichen
Büchern noch nicht durchgeführt ist.

§32 Abs3 TFlVG entspricht §15 Abs3 FlVG-GG.

§15 Abs2 litd des Grundsatzgesetzes und §32 Abs2 litc des TFlVG sind
Gegenstand der Gesetzesprüfungsverfahren G83, 84/81.

1. Den Anlaß zur Einleitung dieser Verfahren gibt eine Beschwerde an
den VfGH, der folgendes Verwaltungsgeschehen zugrunde liegt
(B591/78):

Mit Bescheid vom 6. Feber 1967 stellte das Amt der Tir.
Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz fest, daß das im Eigentum
der Stadtgemeinde Innsbruck (als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde
Arzl) stehende Gebiet des sogenannten "Arzler Eggenwaldes",
Grundparzellen 2096/1 (richtig: 2069/1) und 2097/1, EZ 192 II KG
Arzl, als Gemeindegut ein agrargemeinschaftliches Grundstück iS des
§36 Abs2 litd des TFlVG 1952 darstelle. Die Begründung dieses
Bescheides geht davon aus, daß 80 Parteien, die Nutzungsrechte am
Arzler Eggenwald behaupten, die Einleitung eines
Regulierungsverfahrens beantragt haben. Bei der
Instruierungsverhandlung sei zutage getreten, daß Eigentümer von
Arzler Stammsitzliegenschaften im Eggenwald seit eh und je
Nutzungsrechte ausübten; früher unverteilter Gemeindewald sei in
einen nutzungsgeteilten Wald überführt worden. Jeder
Stammsitzliegenschaft seien grundsätzlich zwei Waldteile mit dem
ausschließlichen Holz- und Streubezug zugewiesen; die Weide sei
gemeinsam von allen Viehhaltern mit dem gesamten Viehstand der
Stammsitzliegenschaften ausgeübt worden. Nach §36 Abs2 litd TFlVG
1952 sei das einer gemeinschaftlichen Benutzung nach den Bestimmungen
der Gemeindeordnung unterliegende Gemeindegut agrargemeinschaftlicher
Grund; die Qualifikation des Eggenwaldes als Gemeindegut sei vom
Gemeindevertreter anerkannt worden.

Gegen diesen Bescheid erhoben Nutzungsberechtigte und die
Stadtgemeinde Innsbruck Berufungen, über die - nachdem in früheren
Rechtsgängen gefällte Entscheidungen des Landesagrarsenates beim Amt
der Tir. Landesregierung und des Obersten Agrarsenates aufgehoben
worden waren - der Landesagrarsenat mit Bescheid vom 16. Dezember
1976 entschied. Er gab der Berufung der Nutzungsberechtigten Folge
und sprach aus, daß der Arzler Eggenwald ein agrargemeinschaftliches
Grundstück iS des §32 Abs2 lita TFlVG 1969 darstelle, wies die
Berufung der Stadtgemeinde Innsbruck ab und traf anläßlich deren
Rechtsmittels dieselbe Feststellung. Der Landesagrarsenat hob in der
Begründung seines Bescheides hervor, daß die - folgendermaßen
umschriebenen - Tatbestandsmerkmale des §32 Abs2 lita TFlVG 1969
vorlägen: "1) Die Grundstücke müssen früher einer gemeinschaftlichen
Benutzung unterlegen sein, 2) sie müssen heute infolge physischer
Teilung in Einzelbesitz übergegangen sein, 3) die Teilung darf in den
öffentlichen Büchern noch nicht durchgeführt worden sein, und 4) es
darf noch keine Ersitzung vollendet worden sein." Im Eggenwald sei
bis zum Jahre 1880 die Holz- und Streunutzung (nach ideellen
Anteilen) gemeinschaftlich erfolgt; daß die Viehweide auch heute noch
gemeinschaftlich ausgeübt werde, stehe der Anwendung des §32 Abs2
lita nicht entgegen, weil es sich hiebei um eine Nebennutzung handle.
Hinsichtlich der physischen Teilung und des Überganges in
Einzelbesitz sei festzuhalten, daß der Eggenwald in den Jahren 1880
bis 1883 für die Holz- und Streunutzungen in Nutzungsflächen
(Teilflächen) aufgeteilt worden sei. Diese Teilflächen seien
vermessen und vermarkt und den einzelnen Stammsitzliegenschaften zur
Deckung ihres Haus- und Gutsbedarfs im Wege der ausschließlichen
Holz- und Streunutzung zugeteilt worden; sie stünden seitdem im
Einzelbesitz der jeweiligen Eigentümer dieser
Stammsitzliegenschaften. Die seinerzeitige Teilung sei in den
öffentlichen Büchern nicht durchgeführt worden.

Die Stadtgemeinde Innsbruck erhob auch gegen diesen Bescheid
Berufung, welche der Oberste Agrarsenat mit Bescheid vom 5. Juli 1978
abwies. Er pflichtete dem Berufungsvorbringen bloß insoweit bei, als
die Gemeinde Arzl bereits seit dem Jahre 1496 Eigentümerin des
Eggenwaldes und damit Eigentümerin der zu diesem Wald gehörenden
heutigen Grundparzellen 2069/1 und 2097/1 sei. Im übrigen folgte der
Oberste Agrarsenat jedoch mit einer bestimmten Einzelheit sowie den
geschichtlichen Hintergrund umfassenden darstellenden Begründung dem
Standpunkt des Landesagrarsenates. Aus dieser Begründung ist
hervorzuheben, daß die Grundstücke nach Ansicht des Obersten
Agrarsenates vor der in der Natur erfolgten Teilung und in der Zeit
vor dem Inkrafttreten der neuen Gemeindeverfassung einer
gemeinschaftlichen Benutzung durch Gemeindemitglieder kraft deren mit
einem Besitz verbundenen Mitgliedschaft unterlegen seien; diese
Grundstücke seien somit im Zeitpunkt der Teilung ein Gemeindegut iS
des §63 der Tir. Gemeindeordnung 1866 gewesen. Was die physische
Teilung der Grundstücke anlange, bestehe auf Grund der Ergebnisse des
Ermittlungsverfahrens kein Zweifel daran, daß die Grundstücke in den
Jahren 1880 bis 1882 unter die einzelnen nutzungsberechtigten
Gemeindeangehörigen zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfs der
Stammsitzliegenschaften im Wege der Bildung von vermessenen und
vermarkten Nutzungsflächen mit ausschließlicher Holz- und
Streunutzung verteilt worden seien. Für die Beurteilung von
Grundstücken als agrargemeinschaftliche Grundstücke iS des §32 Abs2
lita TFlVG 1969 sei es nicht erforderlich, daß für die in der Natur
durchgeführte Teilung eine forstbehördliche Bewilligung vorliege. Der
Übergang der vermessenen und vermarkten Nutzungsflächen in
Einzelbesitz sei nicht von einer forstbehördlichen Bewilligung
abhängig. Das weitere Tatbestandserfordernis, daß die Teilung in den
öffentlichen Büchern nicht durchgeführt wurde, sei gleichfalls
gegeben. Auch eine vollendete Ersitzung des Eigentumsrechtes an den
Grundstücken oder Teilflächen derselben durch die
Nutzungsberechtigten liege nicht vor, zumal diese die von ihnen
genutzten Flächen unbestritten stets als Eigentum der Gemeinde
betrachtet und behandelt hätten.

2. In der Beratung über die Beschwerde ist der VfGH vorläufig davon
ausgegangen, daß die Beschwerde zulässig ist und bei ihrer
Beurteilung (auch) §32 Abs2 litc TFlVG und §15 Abs2 litd FlV-GG
anzuwenden sind. In dem die Gesetzesprüfungsverfahren einleitenden
Beschluß hat er dazu folgendes ausgeführt:

"Der VfGH nimmt vorläufig an, daß er im Beschwerdeverfahren bei der
Prüfung des angefochtenen Bescheides unter dem Blickpunkt des jeweils
in Betracht kommenden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes
auch die eben wiedergegebene Bestimmung der litc im §32 Abs2 TFLG
1969 (§33 Abs2 TFLG 1978) heranzuziehen haben wird, auf welche die
Agrarbehörde I. Instanz ihre Entscheidung in materiell-rechtlicher
Hinsicht stützte. Für eine Heranziehung dieser Vorschrift bei der
Bescheidprüfung spricht insbesondere der von der Behörde II. Instanz
als - nicht belangreiche - 'Nebennutzung' gewertete Umstand, daß auf
den betreffenden Grundstücken die Viehweide auch heute noch
gemeinschaftlich ausgeübt wird, eine (im bekämpften Bescheid
unerörtert gebliebene) Tatsache, die allenfalls der Annahme des
Übergangs in Einzelbesitz infolge physischer Teilung entgegenstünde
und für das Weiterbestehen von Gemeindegut spräche."

3. Die Bedenken, die der VfGH aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens
gegen die in Prüfung gezogene Bestimmungen des Grundsatz- und des
Ausführungsgesetzes geäußert hat, sind grundsätzlich die gleichen,
die ihn zur Einleitung der Gesetzesprüfungsverfahren G35, 36/81 in
bezug auf das Grundsatzgesetz und das Vbg. Ausführungsgesetz geführt
haben.

In den Gesetzesprüfungsverfahren haben die Bundesregierung und die
Tir. Landesregierung Äußerungen erstattet und beantragt, die in
Prüfung gezogenen Vorschriften nicht als verfassungswidrig
aufzuheben. Die Bundesregierung weist lediglich auf ihre Äußerung zu
G35, 36/81 hin, die Tir. Landesregierung schickt hingegen ihrem
Hinweis auf die Äußerung zu G35, 36/81 zunächst Zweifel an der
Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Vorschriften voraus, da der
Oberste Agrarsenat seine Entscheidung lediglich auf §32 Abs2 lita
TFlVG gestützt habe und die Heranziehung der litc dieser Bestimmung
folglich ausgeschlossen sei, wendet sodann in der Sache ein, es
handle sich beim Arzler Eggenwald nicht um Innsbrucker Gemeindegut,
sondern allenfalls um "Fraktionsgut" bzw. um "Ortschaftsgut", woran
sogenannte Teilwaldrechte bestünden, und führt schließlich im
wesentlichen noch folgendes aus:

"Mit der sachenrechtlichen Unterscheidung von Substanz und Nutzung
übernimmt der VfGH - der römischrechtlichen Betrachtung der
ursprünglich genossenschaftlichdeutschrechtlichen Institute der
gemeinschaftlichen Nutzung (Allmende) folgend - eine Auslegung, die
dem Sachverhalt nicht angemessen ist. Denn wegen der Schwierigkeit,
die seit Jahrhunderten ausgeübten Nutzungen rechtlich richtig und
zweckmäßig zu erfassen, hat man sie ja dem öffentlichen Recht
überstellt, und zwar sowohl die Einforstungsrechte nach den Wald- und
Weideservitutengesetzen und die Bringungsrechte nach den Güter- und
Seilwegelandesgesetzen als auch die Nutzungsrechte nach dem
Flurverfassungsrecht bzw. Gemeindegutsrecht. Eine
öffentlichrechtliche Betrachtung bringt zwar die Schwierigkeit der
Einordnung und (wirtschaftlichen) Gleichstellung der Nutzungen auf
Grund des Privateigentums und auf Grund des Ausflusses der
Zugehörigkeit einer Stammsitzliegenschaft zu einer Gemeinde oder
Nachbarschaft mit sich, es ist aber der Rechtslehre bisher nicht
gelungen, hier eine andere Lösung als die Herausnahme aus dem
Privatrecht zu finden; denn gerade das, was der VfGH zur
Untermauerung seiner Begründung unternimmt, nämlich typische
privatrechtliche Kategorien zum Maßstab zu nehmen, ist eben für die
öffentlich-rechtliche Rechtsnatur nicht passend. Aus dem Privatrecht
Kriterien für die Rechtspositionsvergleichung unter dem Aspekt des
Gleichheitssatzes zu entnehmen, wird den Schwierigkeiten des
öffentlichen Rechtes nicht gerecht. ...

Die Gemeinde ist nicht als politische Gemeinde 'Eigentümerin', das
Eigentumsverhältnis hängt von der internen weiteren Feststellung ab,
wer zur Agrargemeinschaft gehört, das ist auf jeden Fall die Gemeinde
mit einem als gesetzliche Richtschnur gedachten Anteil von 20 v.H.,
und die Gesamtheit der seit alters her Berechtigten. ...

Die Formulierung des VfGH 'undifferenzierte Einbeziehung des
Gemeindegutes' ist daher nicht richtig. Die Bestimmung des §45 Abs2
TFLG 1978 sieht eine derartige Differenzierung eindeutig vor ('ein
ihrer tatsächlichen durchschnittlichen Nutzung entsprechender Anteil,
mindestens jedoch ein Anteil, der dem Fünftel des Wertes der der
Hauptteilung unterzogenen Liegenschaften entspricht.'). Die
Feststellung dieses Ausmaßes ist der Agrarbehörde erst in einem
späteren Verfahrensabschnitt - wenn eben das Vorliegen von
agrargemeinschaftlichen Grundstücken als Regulierungsgebiet
rechtskräftig bereits klargestellt ist - vorbehalten. Erst dann
spielen die Fragen vom Verhältnis zwischen Substanzwert und
Nutzungswert eine Rolle. Dann erst ist zu beurteilen, ob die
wohlerworbenen Rechte der seit alters her Nutzungsberechtigten in
einem verfassungsrechtlich einwandfreien Verhältnis zu den
Bedürfnissen der durch die politische Gemeinde repräsentierten
Gesamtheit der Gemeindebürger stehen."

II. Die Gesetzesprüfungsverfahren sind zulässig.

Dem Einwand der Tir. Landesregierung, die in Prüfung gezogene
Vorschrift des §32 Abs2 litc TFlVG (und daher auch die gleichartige
Bestimmung des FlV-GG) sei im Anlaßfall nicht präjudiziell, weil die
belangte Behörde ihre Entscheidung auf §32 Abs2 lita TFlVG gestützt
habe, der Wald also nicht Gemeindegut iS der litc dieser Bestimmung
sei, kann der VfGH nicht beipflichten. Gegenstand des
agrarbehördlichen Verfahrens war nach Ausweis der Bescheide aller
Instanzen die Frage, ob es sich bei dem im bücherlichen Eigentum der
Stadtgemeinde Innsbruck stehenden Arzler Eggenwald um
agrargemeinschaftliche Grundstücke handle, insbesondere, ob
Gemeindegut oder sonstiges Gemeindevermögen vorliege (vgl. S 15 des
Bescheides des Landesagrarsenates und S 3 des Bescheides des Obersten
Agrarsenates). Der VfGH wird daher unter anderem zu prüfen haben, ob
verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte dadurch verletzt wurden,
daß die belangte Behörde den strittigen Wald als
agrargemeinschaftliches Grundstück iS der lita statt iS der litc
TFlVG beurteilt hat (vgl. zB VfSlg. 8623/1979 und 9003/1980). Daß
eine Zuordnung zu litc nicht denkunmöglich ist, zeigt der Umstand,
daß das Amt der Landesregierung das Vorliegen von Gemeindegut
angenommen und der Landesagrarsenat ausgeführt hat, die
Teilungsurkunde bringe zum Ausdruck, daß am Eggenwald Nutzungsrechte
iS des §63 Gemeindeordnung 1866 bestanden, "es sich sohin um
Gemeindegut und nicht etwa um Stammvermögen ... gehandelt hat" (S 10
seines Bescheides) und der Gesetzgeber "den mit Nutzungsrechten ihrer
Gemeindeangehörigen belasteten, im Eigentum der Gemeinde stehenden
Grundstücken den Charakter eines Gemeindegutes zuerkannt" habe, sodaß
es sich dort, wo Nutzungsrechte ausschließlich in der
Gemeindemitgliedschaft begründet seien, nicht um Einforstungsrechte
handle (S 12 seines Bescheides). Auch der Oberste Agrarsenat geht
davon aus, daß die Grundstücke im Zeitpunkt der Teilung (der Nutzung)
"Gemeindegut iS des §63 GO 1866 (heute: §76 Abs3 und §81 GO 1966) und
daher iS der heutigen Terminologie agrargemeinschaftliche Grundstücke
(vgl. §32 Abs2 litc TFVG 1969)" waren.

Der Gerichtshof wird daher zu prüfen haben, welche Bedeutung es für
die Zuordnung eines Grundstücks zu lita oder c des §32 Abs2 hat, wenn
Gemeindegut für die widmungsmäßige Nutzung (Holz- und Streunutzung)
in Nutzungsflächen aufgeteilt wurde, die den einzelnen
Stammsitzliegenschaften zur Deckung ihres Haus- und Gutsbedarfes im
Wege der ausschließlichen Holz- und Streunutzung zugeteilt wurden,
während die Ausübung der Weide durch die Viehhalter gemeinschaftlich
erfolgt. Diese Prüfung ist ohne Heranziehung der Vorschrift der litc
nicht möglich.

III. Die im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken sind auch
begründet. Die in Prüfung gezogenen Vorschriften verstoßen gegen den
Gleichheitssatz.

Im einzelnen hat der VfGH dies bereits zu G35, 36/81 dargelegt. Der
Wortlaut der Vorschrift im Tir. Gesetz entspricht (mit hier nicht
wesentlichen Abweichungen) der im Vbg. Gesetz und auch die übrigen
flurverfassungsrechtlichen und gemeinderechtlichen Bestimmungen sind
in den hier wesentlichen Zügen die gleichen.

Dem Einwand der Tir. Landesregierung, die sachenrechtliche
Unterscheidung von Substanz und Nutzung sei dem Sachverhalt - nämlich
den gemeinschaftlichen Nutzungsverhältnissen nicht angemessen, ist
entgegenzuhalten, daß auch öffentlich-rechtliche Nutzungen bestimmter
Gemeindeangehöriger am Gemeindegut nicht Nutzungen an eigener Sache,
sondern solche an einer fremden - der Gemeinde als juristisch
selbständigem Zusammenschluß aller Gemeindebürger gehörenden - Sache
sind. Im übrigen gerät die Landesregierung mit diesem Einwand zu
ihrer eigenen These in Widerspruch, wonach das Gesetz zwischen
Nutzungswert und Substanzwert ohnedies unterscheide.

Auch diese These trifft indessen nicht zu. Der VfGH hat bereits im
Einleitungsbeschluß auf die Bestimmungen in Grundsatz- und
Ausführungsgesetz Bezug genommen, nach welcher der Gemeinde ein ihrer
tatsächlichen Nutzung entsprechender Anteil, mindestens jedoch ein
Anteil gebührt, der dem Fünftel (20 vH) des Wertes der Liegenschaft
entspricht, gleichzeitig aber betont (was die Landesregierung
übergeht), daß dieses Anteilsrecht der Gemeinde nur zusteht, wenn sie
(abgesehen von der Notwendigkeit des bücherlichen Eigentums oder der
Tragung der Steuerlast) über eine ihr als Eigentümerin einer
Stammsitzliegenschaft oder als Inhaberin eines walzenden Anteils
zustehende Berechtigung hinaus an der Nutzung teilgenommen hat (§45
Abs2 Satz zwei TFlVG). Es ist dabei also offenbar nur an die
Überschüsse der (widmungsmäßigen) Nutzungen gedacht, die der Gemeinde
iS des §63 Gemeindeordnung 1866 zufließen. Selbst wenn man darunter
aber andere - widmungsfremde, wenngleich mit der Widmung
verträgliche - Nutzungen verstehen wollte, ist doch damit keinesfalls
der Substanzwert abgegolten. Die Überlegungen der Tir.
Landesregierung ändern daher an der verfassungsrechtlichen
Beurteilung der geprüften Vorschriften nichts.

Sofern die Tir. Landesregierung mit ihrem Hinweis auf den Umstand,
daß es sich im Anlaßfall nicht um Gemeindegut, sondern nur um
Fraktions- oder Ortschaftsgut handeln könne, eine Einschränkung der
Aufhebung auf die Worte "bzw. ehemalige Ortschafts- oder
Fraktionsgut" erwirken will, übersieht sie, daß das Gemeinderecht
seit der Einführung der Deutschen Gemeindeordnung mit 1. Oktober 1938
Ortschaften und Fraktionen innerhalb der Gemeinde nicht mehr kennt
und daß die Gemeinde Rechtsnachfolgerin dieser Einrichtungen ist
(ArtII §1 der Verordnung GBlÖ Nr. 408/1938; vgl. dazu
VfSlg. 4229/1962 und für Tir. zB das Erk. des Obersten Agrarsenates
v. 2. März 1966, 43-OAS/66), weshalb die Erwähnung dieser Erscheinung
im Flurverfassungsrecht nur mehr erläuternden Charakter hat (den das
Beiwort "ehemalige ..." im TFlVG auch zum Ausdruck bringt) und mit
dem Begriff Gemeindegut in untrennbarem Zusammenhang steht.

Wegen der Wiederverlautbarung der geprüften Vorschrift des TFlVG als
§33 Abs2 litc war - analog der Vorgangsweise beim Vbg. Gesetz - der
Spruch an die Änderung der Bezeichnung anzupassen.

Im übrigen sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung
zu G35, 36/81 verweisen.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Bodenreform, Flurverfassung,
Gemeinderecht, Wirtschaftsverwaltung (Gemeinde),
VfGH / Prüfungsgegenstand, Wiederverlautbarung
Dokumentnummer
JFT/10179699/81G00035