DR. ANDREAS BRUGGER, RECHTSANWALT
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Themen Gemeindegut

Inhalt
Der Fall Neustift
Unrecht entdeckt........
Anfänge der Besiedlung
Kampf um Wald + Weide
1847: Wald an Gemeinden
Nutzungsrechte
  -  im provGG 1849
  -  in GO 1866
  -  1866 bis heute
Flurverfassung seit 1883
Grundbuchsanlegung
Agrarbehörde
Gemeinden zu Regulierung
VfGH 1982
Reaktion auf VfSlg 9336
Resümee
Novellierungsmöglichkeiten

Ist Anno 1847 die politische Gemeinde oder die "Realgemeinde" Waldeigentümerin geworden?:

Eigentlich wurde diese Frage durch Ziffer 6. des Waldzuweisungspatents vom 6.2.1847 klar beantwortet. 

Darin wurde nicht nur angeordnet, dass alle nicht den Bundesforsten vorbehaltenen oder in Privatbesitz stehenden Wälder den Gemeinden zu überlassen seien, sondern auch noch der Zusatz hinzugefügt: "den Gemeinden als solchen". In Ziffer 3. desselben Patents (wo es ebenfalls um die Überlassung von Wäldern an die Gemeinden - nämlich zur Abgeltung von Holzbezugsrechten - ging) wurde hinzugefügt: "Überweisung einzelner Forstteile in das volle Eigentum und zwar nicht der einzelnen Untertanen sondern der betreffenden Gemeinden ...".

Diese Zusätze hatten einen guten Grund: In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat es die Behauptung gegeben, das Gemeindevermögen stehe in Wahrheit nicht im Eigentum der Gemeinde, sondern im Eigentum der einzelnen Gemeindeinsassen. Dieser Irrmeinung ist von Seite der Regierung schon in der böhmischen Gubernialverordnung vom 20. März 1828 (Provinzialgesetzsammlung S. 79) entgegen getreten worden. 

Deshalb sah sich Kaiser Ferdinand I. veranlasst, in der allerhöchsten Entschließung vom 6.2.1847 klar zu stellen, dass die Waldübergabe nicht etwa an irgend eine Personenverbindung, bei der noch dazu unklar gewesen wäre, wer dazugehört (wie zum Beispiel an die alteingesessenen Bauern), sondern eben an die "Gemeinde als solches" erfolge. 

Deshalb wurde auch in § 74 des provisorischen Gemeindegesetzes vom 17.3.1849 nochmals eindeutig klar gestellt, dass das "Gemeindevermögen und das Gemeindegut Eigentum der Gemeinde als moralische Person, und nicht der jeweiligen Gemeindemitglieder" ist. 

Offenbar tauchte diese schon in der böhmischen Gubernialverordnung vom 20. März 1828 (Provinzialgesetzsammlung S. 79) als Irrtum bezeichnete Meinung, das Gemeindegut stehe im Eigentum der Nutzungsberechtigten, trotzdem zumindest vereinzelt wieder auf, sodass auch die Höchstgerichte mehrfach Gelegenheit erhielten, zu dieser Frage Stellung zu beziehen. Auch sie haben jedoch in ihren Entscheidungen klargestellt, dass das Gemeindegut im Eigentum der (politischen) Gemeinde und nicht etwa im Eigentum derjenigen steht, die es verstanden, sich eine gewisse Bevorzugung hinsichtlich der Nutzung dieser Liegenschaften zu verschaffen. 

So hat der k.k. Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Dezember 1892, Ziffer 2849, eine Entscheidung als rechtmäßig befunden, womit ein in einer Gemeinde bestellte sog. Waldausschuss aufgelöst und verfügt wurde, dass die geführte besondere Waldkasse aufzulassen und die Verwaltung der Gemeindewälder durch die Gemeindevertretung selbst zu führen sei. In der Begründung dieser Entscheidung wurde ausgeführt, über die Frage, wem die Verwaltung des Gemeindegutes zustehe, entscheide nicht eine alte Übung, sondern der Gesetzestext der Gemeindeordnung und dieser wiederum weise die Verwaltung des Gemeindegutes dem Gemeindausschusse und demgemäß auch den übergeordneten Organen (Bezirksausschuss = Bezirksverwaltungsbehörde und Landesausschuss = Landesregierung) zu.

 

Mit einer im Rechtsstreit des BG Lienz, GZl. C I97/8, ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 1. August 1905, bzw. vom 26.7.1905, Nr. 12149 (wiedergegeben bei Sr. Stefan Falser, Wald und Weide im tirolischen Grundbuch, Innsbruck 1932, Seite 21f und bei Lang, Teilwaldrechte in Tirol, Seite 86), wurde eine auf die Behauptung, Gemeindegut ersessen zu haben, gestützte Eigentumsklage eines Osttiroler Landwirtes mit der Begründung abgewiesen, die Allerhöchste Entschließung vom 6. Feber 1847 habe die Streitfrage, ob an Tirols Wäldern zu diesem Zeitpunkt ein landesfürstliches Hoheitsrecht bestanden habe oder nicht, endgültig in einer authentischen, auch den Richter bindenden, Weise entschieden. Die Wälder seien nach 1847 den Gemeinden zugeteilt worden. Eine Ausnahme für die Parzellen des Klägers sei nicht beweisbar. Eine Ersitzung bis 1847 sei demnach ausgeschlossen. Die Benützung des Waldes durch den Kläger sei daher nur als eine mit dem Hof verbundene Benützung des Gemeindegutes anzusehen.

 

Mit Entscheidung vom 17.03.1931, GZl. B41/30, VfSlg. 1383, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, die privatrechtliche Frage des Eigentums der Gemeinden am Gemeindegut könne gar nicht bestritten sein, da sowohl die Bestandteile des Gemeindevermögens als auch die des Gemeindegutes im ausschließlichen Eigentum der Gemeinde stünden und das unterscheidende Merkmal zwischen diesen beiden Vermögenschaften nur in dem Zweck gelegen sei, welchem das betreffende Vermögensstück zu dienen bestimmt sei.

 

Mit Entscheidung vom 11. November 1954, Zl. 1194/54, veröffentlicht in VwSlg. Nr. 3560A, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, der Einwand, dass die [als Eigentümerin eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes eingetragene] Gemeinde nicht als politische Gemeinde, sondern als Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten anzusehen sei, stelle sich als Versuch einer juristischen Konstruktion dar, die im Gesetz keinerlei Deckung finde. Nach dem Sprachgebrauch der österreichischen Gesetzgebung sei unter dem Ausdruck Gemeinde grundsätzlich die politische Gemeinde zu verstehen.

 

In seiner Entscheidung vom 25.06.1962, GZl. B282/61, VfSlg. 4229, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, die einer Gemeinde gehörigen Liegenschaften stünden auch dann, wenn sie mit Nutzungsrechten der Mitglieder einer ehemaligen Kommune belastet seien, dennoch im Eigentum der betreffenden Gemeinde. Aus der festgestellten Gemeinschaftlichkeit der betreffenden Grundstücke resultiere nur die Befugnis der Agrarbehörde, die Ausübung der Nutzungsrecht innerhalb dieser Gemeinschaft zu regulieren.

 

Trotzdem setzte die Tiroler Landesregierung noch im Jahre 1981 in ihrer im Verfahren G 35/81 ua des Verfassungsgerichtshofes erstatteten Stellungnahme die "Gemeinde als solche" mit der "Realgemeinde"  gleich, und behauptete, die Gemeinde trete hinsichtlich des Gemeindegutes nicht als (politische) Gemeinde auf, sondern als 'Erbin" bzw. "Rechtsnachfolgerin" der Gesamtheit der Nutzungsberechtigten.

Mit der Entscheidung vom 1. März 1982, GZl. G35/81 u.a., VfSlg. Nr. 9336, hat der Verfassungsgerichtshof jedoch diese Argumentation verworfen und klargestellt, dass es sich beim Gemeindegut um wahres Eigentum der (politischen) Gemeinde handle.