Viele meinen, wenn die Grenze nicht klar ist, muss man den Vermesser holen. Häufig beginnt damit jedoch die Diskussion erst richtig, denn nach der Vermessung gibt es nicht selten zwei Grenzen, die Naturgrenze und die vermessene. Auch die besten Nachbarn tendieren in einer solchen Situation dazu, die für sie günstigere Grenze für die "wahre Grenze" zu halten und schon ist ein ausgewachsener Grenzstreit entstanden.
Tatsache ist, dass sich der Ausgang eines Grenzstreites auch von Experten selten mit einiger Sicherheit vorhersagen lässt, und dass die Prozesskosten häufig wesentlich größer sind als der Wert des strittigen Grundstreifens. Trotzdem gelingt es nur selten, in Grenzstreitigkeiten eine gütliche Einigung zu erzielen, obwohl ich mich darum stets bemühe.
Im Grenzstreit werden alte Grenzprotokolle (oft genug in alter deutscher Handschrift) ausgelegt, die Urmappe und die ihr vorausgehende Feldskizze eingesehen, alle seither im fraglichen Gebiet vorgenommenen Vermessungen studiert. Es werden die Zeugen befragt, wer welches Gebiet in den letzten 30 bis 40 Jahren wie genutzt hat, welche natürlichen Grenzen (Grenzsteine, Zäune Mauern und ähnliches) vorhanden sind oder waren etc. In den meisten Fällen hängt jedoch die Entscheidung nur davon ab, welche Flächen während der 30- oder 40 jährigen Ersitzungszeit gutgläubig besessen wurden.